Reproduktion auf Hochtouren

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Die große Mehrheit der Bevölkerung lehnt die Jagd ab, trotzdem schießen die Jäger immer mehr Wildtiere, das frei nach deren alleinigen Bedürfnissen und zu erfüllenden vorgegebenen Quoten durch die Untere Jagdbehörde. Quoten entsprechen der Planung, Jagdtrecken der Kontrolle zur Vorgabe der neuen Quoten im Folgejahr. So kann die Populationdynamik im hohen Reproduktionsniveau gehalten werden. Übrigens gibt es keinen juristischen „Besitz“ an freilebenden Wildtieren, andersherum gesagt sind es unser aller Wildtiere. Selbst einem Großgrundbesitzer gehören nicht die darauf befindlichen Wildtiere, erst das getötete Wildtier gehört dem Jäger!
Die mehrheitliche Ablehnung der Jagd in Zahlen und Umfragen, über eine durchgeführte Repräsentativumfrage des GEWIS-Instituts von 1996 und 2004: “71% aller Deutschen, 2004 sogar fast 80% (zwischen 16 und 60 Jahren) lehnen die Jagd ab”. Eine Dreiviertelmehrheit, steht “der Jagd kritisch gegenüber”.
Ebenfalls interessant ist eine von der Welt am Sonntag veröffentlichte repräsentative Umfrage die allgemeinen Jagd-Aversionen in der Rangfolge dessen, was die
Deutschen verbieten würden, wenn sie könnten, an prominenter Stelle: 1. Tierversuche 2. Kinderpornographie, 3. Tabakwerbung, 4. Jagd…., (Quellenangaben unten)

Die Hobbyjagd ist aus ökologischer Sicht entbehrlich, und eine Natur ohne Jagd in Deutschland halten immer mehr aufgeklärte Menschen selbstverständlich für möglich. Nun hat es die Jägerschaft über die Verbände mit unfassbar viel Marketingaufwand in den letzten Jahrzehnten erfolgreich geschafft, der Öffentlichkeit einzureden, dass sich die Wildtiere ohne eingreifende Jagd unkontrolliert vermehren, und die Bestände ins Uferlose wachsen würden, die Wälder somit aufgefressen werden usw., aber wieder sind das nur Meinungen und keinesfalls wissenschaftlich fundierte Tatsachen. Meinungen gestreut um dem Hobby, um der Bedürfnisbefriedigung Tiertötung nachzugehen.

Die Natur existiert durch gegenseitige Beeinflussung in einem verknüpften komplexen Beziehungsnetz, das seit Millionen von Jahren so, auch selbstverständlich heute und selbstverständlich auch in einer „Kulturlandschaft“. (siehe auch Beiträge zuvor) Populationen werden geregelt durch gegebene Umweltbedingungen bzw. der Umweltkapazität. Eine Population kann sich nicht „übervermehren“, sonst würde sie verhungern. Die Umwelt setzt hier klare Schranken. Das wissen auch viele Jäger, deshalb wird z.B. zugefüttert, nennt sich dann z.B. Winterfütterung oder auch Kirrung, obgleich jagdliche Kirrung eine “Lockfütterung” sein sollte, also nur in ganz kleinen Maßen erlaubt ist, aber Recherchen, auch Eure Zuschriften, Fotos von Lesern, bezeugen ganz Anderes. Große Mengen an Fressbarem werden meist in 50 oder 100m Nähe zum Hochsitz abgelegt.
Hunger ist eine wichtige Selektionsmöglichkeit der Natur, die Wintermonate quasi die natürliche Fastenzeit der Wildtiere. Warum eigentlich müssen also Tiere im Bestand angeblich dezimiert werden, getötet werden, z.B. per Treibjagd, zugleich aber wird der Bestand entgegen der natürlichen Selektionsform “Hunger” durch Fütterung hochgehalten? Die Antwort liegt auf der Hand, der Schießspaß wäre dezimiert. Aus selbigen Grund nimmt man auch an Kitzrettungen teil, obgleich das einen Doppelnutzen hat. Imagepolitur, man kann sich mal in die Reihen echter Naturschützer ablichten lassen und man verhilft zu größeren Abschussmöglichkeiten dann schon ab September eines jeden Jahres, dann nämlich dürfen und werden auch Kitze wieder geschossen.
Wenn wir nur mal Zahlen sprechen lassen: In den 90er Jahren töteten nach eigenen Angaben des DJV (jagdlich “erlegen” oder “entnehmen” genannt, während ein Wolf zB. “reißt” und tötet) ca 310.000 Jäger knapp 1 Mio Rehe, knapp 230.000 Wildschweine. Heute töten 403.000 Jäger über 740.000 Wildschweine und knapp 1.3 Mio Rehwild. Eigentlich ist allein mit diesen Zahlen alles gesagt und damit hat auch schon die “Bestandsregulierung” völlig versagt.

Es sind die Jäger selbst, die den Bestand der Wildtiere hochhalten, wie zahlreiche Studien belegen (siehe Beiträge zuvor).
Beispiel Wildschwein: Durch den Abschuss der Leitbachen kontrollieren sich die Wildschweinrotten durch die Leitbache nicht mehr dahin, wer sich fortpflanzen darf, und wer nicht, das genau hat diese geregelt. Wird die Leitbache aber durch den Jäger erschossen, fehlt genau dieser Kontrollmechanismus innerhalb der Rotte. Es kommt dazu, dass dann alle weiblichen Tiere einer Rotte dann sehr schnell fortpflanzungsfähig werden, was zuvor nur der Bache vorbehalten war, der Keiler dann sämtliche weiblichen Tiere deckt und sich somit einen unkontrollierter Vermehrungsprozess in Gang setzt. Diese Tatsache wird von den Jägern nicht einmal abgestritten, sondern sogar in ihren „Fachmagazinen“ ausführlich beschrieben. Man ist sich in Jägerkreisen dieser biologischen Zusammenhänge durchaus bewusst, man steuert diese sogar bewusst dorthin.
Das Erlegen, also das Töten einer führenden Bache ist verboten, führt zum Jagdscheinverlust, doch zwischen Oktober und Januar finden die Drückjagden mit mehr Schützen, Treibern und Hunden statt. Wer schon mal eine 40 Kopf große Rotte hat fliehen sehen, weiß wie unglaublich schwierig es ist, die Sauen auseinander zu halten, zumal oft genug “Kollegen” mit Wildschweinen verwechselt werden und bis zu 40 Toten/Jahr führen.

Auch bei den Füchsen brauchen wir keine Jäger! Die ständige Dezimierung von Füchsen zerstört auch hier Altersstruktur und soziale Ordnung. Anstelle fester Paarbindungen und stabiler Familien, in denen nur die alte Füchsin (wie die Leitbache bei den Wildschweinenen) Junge bekommt, und die Territorialstruktur die Vermehrung begrenzt, steigt bei Bejagung die Zahl fruchtbarer Füchsinnen und ihre durchschnittliche Welpenanzahl. In Gebieten mit stabilen Fuchsgruppen und einem Bejagungsverbot wurde nachgewiesen, dass zwei Drittel der reproduktionsfähigen Füchsinnen sich nicht an der Fortpflanzung beteiligten!! Siehe z.B. Luxemburg (seit 6 Jahren jagdfrei)

Fuchsbestände können zudem gar nicht durch die Jagd dauerhaft reduziert werden, da leergeschossene Fuchsreviere sofort wieder von eingewanderten Jungtieren besetzt werden (so lassen sich übrigens auch Wölfe nicht im Bestand regulieren!!) und scharf bejagte Bestände sich viel stärker ausbreiten als unbejagte Populationen. Unbejagte Fuchsbestände dagegen pendeln um ein niedrigeres Bestandsniveau, nivellieren sich. Da diese Gesetzmäßigkeiten für fast alle Wildtierarten gelten, bleibt nur folgendes Fazit: Die Jagd, speziell die Hobbyjagd ist das Problem und nicht die Lösung!
Die heutige Hobby,- und Freizeitjagd hat daher mit Natur-, und Naturschutz oder Tierschutz nichts zu tun. Die vielzitierte Hege bedeutet in der Praxis nur die Erhöhung der Bestände der für die Revierpächter interessanten jagdbaren Arten, für noch mehr Jagdspaß, für noch mehr Abschussmöglichkeiten.

Hobbyagd bringt nur intensives Wachstum, da die Bestände immer wieder zurückversetzt werden in die dadurch nicht erreichte maximale Umweltkapazität, natürliche Regulationsmechanismen greifen nicht mehr, Populationen reproduzieren sich viel stärker und immer weiter, aber auch das ist Planung, ist beabsichtigt, ist Business.

Weiter geht’s demnächst ….

Quellen:

Wanderforschung; Was die Deutschen von der Jagd halten; https://www.wanderforschung.de/files/jagdvorstud2a1364553956.pdf

Dr. Karl-Heinz-Loske:  https://www.tierschutzengel.de/jagd/

 

Über einen Kommentar oder Gästbucheintrag würde ich mich sehr freuen.

2 Kommentare zu „Reproduktion auf Hochtouren“

  1. Deine Recherchen beweisen wieder einmal um was es letzten Endes bei der Freizeitjagd geht, es geht um Freizeitspaß, um Machtausübung, und um Geld.
    Wie bei so vielen Dingen, die oft unüberlegt vollzogen, und Konsequenzen völlig außer Acht gelassen werden, Hauptsache man hat seinen Spaß, kann sich zur Show stellen und auf die Schulter klopfen lassen.
    Und das auf Kosten von Leben, und auf Kosten der Natur.
    Des Menschen Sensibilität im Bezug zur Natur hat sich in den letzten Jahren so stark reduziert, dass es mir langsam Angst macht.
    Anscheinend braucht es keine funktionierende Natur mehr, es ist ja alles käuflich, für meiner Meinung nach viel zu wenig Geld, in den Großmärkten zu erwerben.
    Wie soll dann noch eine Wertschätzung für ein Produkt entstehen, man betrachte die Müllberge … und auch ein Leben scheint nicht mehr viel wert zu sein.
    Der Kapitalismus lässt grüßen.
    Wir müssen umdenken, wenn wir unseren Kindern ein Leben auf diesem Planeten ermöglichen möchten.
    Die Natur ist nicht käuflich, und sie vergisst nichts.
    Danke für deine unermüdliche Aufklärungsarbeit und dein großes Engagement.

  2. Die Lodenröcke nutzen unsere Wälder wie einen Zuchtbetrieb. Fehlen nur noch Antibiotika-Köder, damit auch ja alles gesund bleibt, was es zu töten gibt.

    Unsere Wald, unsere Natur, unsere Lebensgrundlage verkommt immer mehr zu einem Selbstbedienungsladen für Jagd und Forst. “Herzlich Willkommen, schauen Sie sich um, nehmen Sie mit, was Ihnen gefällt.”

    Der Schaden, der angerichtet wird, scheint völlig egal. Kahlschlag, verdichtete Böden. Tierbauten werden übern Haufen gefahren, Lebensraum zerstört. Die Jägerschaft ballert Verbände, Rudel, Herden kaputt. Was bleibt den Tieren denn in ihrer Verzweiflung, als immer mehr Nachwuchs zu produzieren, damit die Art am Leben bleibt? Das ist ihr Instinkt, das tun sie nun mal. Mehr Nachwuchs -> noch mehr Ballerei -> noch mehr Nachwuchs etc. Ein Kreislauf, der zu immer mehr Leid führt.

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