Heute sind, wenn wir der Definition folgen, gerade mal 0,6% aller Flächen Wildnis. Alles andere an Fläche muss demnach dann Kulturlandschaft, ergo nicht mehr Naturlandschaft sein, also vom Menschen beeinflusste, einige sagen „gepflegte“ oder gemanagte Landschaften.
Nicht nur 14,49% Siedlungsfläche und 6,53% komplett versiegelte (bebaute) Fläche prägen oder beeinflussen unsere Landschaft, sondern auch 47,7% landwirtschaftliche Fläche, davon übrigens satte 57% für den Anbau von Tierfutter. Etwa ein gutes Drittel ist Waldfläche, insofern man es noch Wald nennen möchte.
Noch ca. 48.000 Tierarten leben in Deutschland. Viele davon sind Insekten, noch leben hier 328 Vogelarten, ca.104 verschiedene Säugetiere und mehrere Dutzend Amphibien und Reptilien sind hier beheimatet. Alle diese Tiere lebten früher in der Naturlandschaft, heute eben in der Kulturlandschaft, mit den Folgen der Zerstörung von wichtigem Lebensraum. Aber ändert das die Gesetzmäßigkeiten von Mutter Natur, zB betreffs der Populationdynamik? Nein. Sie sind selbstverständlich nicht aufgehoben. Daher muss jetzt nicht durch „Bestandsregulierung“ eingegriffen werden, nur weil wir Menschen die Landschaft jetzt anders definieren. Auch ist die Landwirtschaft kein Grund, wie oft behauptet. Die Bejagung in den letzten 6 Jahrzehnten genau das Gegenteil gebracht, kontinuierlich wegen der immer stärkeren Bejagung hat der Wildtierbestand immer weiter zugenommen. Wogegen die Biodiversität, die Vielfalt in Deutschland stark abgenommen hat. Wild wird jagdbedingt scheu und mit dem permanenten Jagddruck in die Wälder „gedrückt“, die Verbissschäden sind doppelt vom Menschen gemacht. Vollkommen klar, dass das paradox und zunächst unverständlich klingt, aber entgegen der Meinung der Jäger, ist Messung, also Wissenschaft eindeutig. Wir müssen gar nicht komplexen Zusammenhängen folgen, obgleich die Quelle selbstverständlich unten gern genannt wird, wir müssen uns nur an die Zahlen der jagdeigenen Angaben halten. Die Anzahl der Hobbyjäger und auch die Jagdstrecken (damit werden die Bestände reflektiert) sind bei allen Wildtierarten kontinuierlich in den Jahren gestiegen, allein damit hat die Bestandsregulierung völlig versagt, zumindest aus der Sicht des Naturschutzes. Folgt man dem betriebswirtschaftlichen Verdacht des Geschäftsmodels Hobbyjagd, darf es durchaus erfolgreich tituliert werden.
Allein das Wildschwein hat sich von 1998 bis heute im Bestand verdoppelt. Gerade die ASP Maßnahmen, also die verstärkte Bejagung jüngst, wird wieder Gegenteiliges erreichen.
Zwar machen sich einige Naturschutzmaßnahmen innerhalb von einigen Naturschutzgebieten hier und da durch positive Entwicklungen bemerkbar, dennoch ist die gesamte Lage alarmierend, auch weil weiterhin im NSG genauso gejagt wird wie vorher. Der Begriff schon allein damit völliger Quatsch ist. In anderen europäischen Ländern ist das übrigens anders, deren NSG’s sind dort selbstverständlich jagdfrei, also „echte“ Naturschutzgebiete, dort wird die Natur im Gesamtkontext geschützt.
Der ewige Eingriff des Menschen ist falsch. Wenn wir Wildtiere als Naturerbe in unserer Kulturlandschaft nachhaltig, also auf Dauer erhalten wollen, dann müssen wir das hohe Konfliktpotential aktiv reduzieren und aufklären, die Hobbyjagd verbieten, dann Biodiversität anstreben, der Natur max. hier und da „einen Schubs geben“ und ein hohes Maß an Selbständigkeit der Natur zulassen.
Nach Plänen der EU-Kommission soll es bis 2030 für mindestens 20 Prozent der Land- und Meeresgebiete der EU sogenannte Wiederherstellungsmaßnahmen geben (Renaturierungsgesetz).
In meinen Augen eine riesige Chance für Naturflächen und zwar für jagdfreie echte Naturflächen, ohne „Wildtier-Management“, also eine Chance zur echten Renaturierung, Flächen in denen sich die Natur selbstständig erholt, wenn wir sie nur machen lassen. Wissenschaftlich gesehen längst bewiesen und es gibt auch schon Referenzprojekte, gesellschaftlich gesehen aber eine Herausforderung. Auch gibt es erhöhte Anforderungen an die Weidetierhalter, die die Verpflichtung zum Tierschutz ernst nehmen sollten, wenn wir wieder Prädatoren zulassen. Noch immer, auch nach über 20 Jahren der Rückkehr von Wölfen gibt es nahezu völlig ungeschützte Weiden, selbst dann, wenn diese bereits Risse zu beklagen hatten. Der Verdacht den Wolf hier in eine mediale Falle zu locken, ist dann nicht mehr von der Hand zu weisen, wird dann ja auch oft von Homeofficejournalisten bewusst und unbewusst unterstützt, Klicks sind heute Ertrag. Die moralische Verpflichtung zur Aufklärung mittels anständiger Recherche steht leider hinten an, bzw wird völlig vernachlässigt.
Zum Unglück der Jäger glauben immer weniger Menschen dem Jägerlatein „Jagd muss sein, denn wir leben in einer Kulturlandschaft“, so das Selbstbildnis der Jäger, die meinen die Rolle der Spitzenprädatoren einnehmen und Wildtierbestände managen zu müssen. Das ist meist der Beginn einer nicht wissenschaftlichen Argumentationskette, eben nur einer Meinung um weiterhin dem „Spaß an der Jagd“ nachzugehen. Zumal namhafte Biologen und Zoologen in der Öffentlichkeit darauf hinweisen, dass die Natur sich in unbejagten Gebieten selbst reguliere(!!) und die Jagd somit überflüssig sei. Auch gibt es bereits viele Areale, wie eben Kanton Genf, in denen wissenschaftlich die „Meinungen“ der Jagdanhänger widerlegt sind.
Jagd reguliert nicht, bei der Selektionsmethode (auf alles ballern was per Treibjagd in die Flinte läuft oder per „schönster“ Trophäe ausgemacht), sondern schafft ein Ungleichgewicht – aber auch und das ist der Widerspruch, eben noch mehr Population. Die Natur, die Populationdynamik wird durch die Jagd immer wieder wie zu einer Naturkatastrophe zurückversetzt in den hohen Vermehrungszustand. Die natürliche Erreichung der Umweltkapazität, das natürliche Ende vermehrter Reproduktion setzt aus, es wird fleißig weiter reproduziert. Bachen erscheinen uns mit ganzen „Kindergärten mehrerer Generationen, Rehe mit 2, zum Teil schon 3 Kitzen. Durch die Bejagung also werden überhöhte Bestände bei vielen Wildtierarten erst „erzeugt“, während andere Tierarten auch durch die Jagd bedroht sind, mindestens aber die Natur in ihrer Ganzheit nicht vollständig agieren kann, sich selbst managen kann. Denn im System Natur hat jedes Individuum seine Aufgabe zum Ganzen. Jede „Entnahme“ oder Teilentnahme einzelner Arten führt zu „Löchern“ der Selbstheilungskraft von Mutter Natur, durchaus vergleichbar mit der Entnahme eine Organs in unserem Körper. (dazu z.B.: Prof. Dr. Josef H. Reichholf: Warum Jagd?) Ein weiteres sehr zu empfehlendes wissenschaftliches Aufklärungsvideo ! Euch viel Spaß beim Zuhören, auch ideal auf längerer Fahrt!
Quelle (Prof. Dr. Reichholf):
https://m.youtube.com/watch?v=v5bO3ijsM8w
Was für ein schönes Foto 😍. Es gibt hervorragend die Stimmung vor Ort weiter und zeigt auch im Verhalten des Kranichs, dass er sich in seinem Habitat vollkommen ungestört fühlt. Man muss den Tieren nicht auf die Pelle rücken, um ein stimmungsvolles Foto zu zeigen 😍.
Was deinen Beitrag in Worten betrifft, zeigt er durch die Wiederholung von Daten und Fakten bei Menschen, die die negativen Seiten der Hobbyjagd nicht kennen, hoffentlich Wirkung. Rheinland-Pfalz ist gerade dabei, dass Jagdrecht zu novellieren. Positiv ist schon auf den ersten Blick, dass Kirrungen verboten werden sollen. Es will auch die Jagd mit Hunden an Dachs- und Fuchsbauten abschaffen, und das Training der Jagdhunde mit noch lebendem Geflügel wäre dann endlich Geschichte. Der Entwurf hat nicht nur gute Seiten, aber zumindest vermittelt er der Öffentlichkeit schon mal in Teilbereichen, was an der Jagd nicht gut ist. Immerhin will die Jägerschaft gegen den Entwurf demonstrieren und setzt die Politik schon jetzt unter Druck, in dem sie sie sich weigert, das Fallwild zu beseitigen. In dem Entwurf soll übrigens auch verankert werden, dass sich die Jäger respektvoll gegenüber den Menschen verhalten sollen 😂. Hat die Politik hier in den Beiträgen mitgelesen, wenn es um das ‚Benehmen‘ mancher Jäger geht? 😁
Was für eine wundervolle Aufnahme Guido. Der Beitrag ist wieder absolut hervorragend. Bleibt zu hoffen das auch irgendwann die Hobbyjägerschaft mal nach links und rechts schaut und endlich einsieht was falsch läuft. Das sie es sind, die alles aus dem Gleichgewicht bringen. Es ist traurig das bei einer Jagdausbildung so wichtige Punkte unter den Tisch gekehrt werden. Aber was will man von 9 Tagen Ausbildung auch groß erwarten. Vermutlich liegt der Schwerpunkt auf anlegen, abfeuern und vielleicht treffen. Das anschließende posieren mit der erlegten Beute darf natürlich auch nicht vergessen werden. Auch das ins rechte Licht rücken muss schließlich gelernt sein. Es macht mich immer wieder traurig und fassungslos wie herzlos manche Menschen wohl sein müssen, um solche Taten zu begehen und auch noch Freude dabei zu empfinden.