Kulturlandschaft

Kulturlandschaft heißt das heute, aber wenn es keine Naturlandschaften mehr gibt, dann kann es eigentlich auch keinen Naturschutz geben!

Die Definitionen zur Kulturlandschaft sind vielseitig, immer aber läuft es darauf hinaus, dass man meint, dass die Landschaften, dass die Natur, also Pflanzen und Tiere, gemanagt werden muss. Obgleich es den Wald und viele Tiere seit etwa 300 Mio. Jahren gibt, den Menschen erst seit ca. 2 Mio. Jahren, meint dieser, bedingt durch seine Sesshaftigkeit, im Hinblick auf Ackerbau und Viehzucht vor ca 12.000 Jahren, heute dann auch jeden Winkel der Natur regulieren zu müssen, auch jene, die mit Landwirtschaft nichts gemein haben.
Nur noch 0,6 % der Flächen Deutschlands sind heute Wildnis, 99,4 % „Kulturlandschaft“! Das, was viele Wald nennen, sind tatsächlich nur noch Holzplantagen, oft kaputte Monokulturen.

Carl Sauer, der als Begründer der modernen humangeografischen Landschaftsforschung gilt, hat als erster zwischen Natur- (im Sinne von Wildnis) und Kulturlandschaft unterschieden. „Die Naturlandschaft ist demnach ein Areal, das nicht dem Einfluss des Menschen unterworfen ist. Wird sie durch Aktivitäten des Menschen beeinflusst, wird sie zur Kulturlandschaft.“ Aber warum muss jeder Winkel nach Meinung einiger gemanagt werden? Unsere Bevölkerungsdichte ist mit 14,89 % bebauter Fläche und knapp 52 % Landwirtschaftsfläche durchaus in der Lage auch Wildnis, also echte Natur in kompletter Biodiversität zuzulassen.

Die ursprüngliche Naturlandschaft wird gern von der managenden Fraktionen abwertend als „Wildnis“ bezeichnet. Wobei interessanterweise hier die Arroganz des Menschen beginnt, denn „wild“ ist im menschlichen Sinne unstrukturiert, Wildnis wird zu etwas Minderwertigem wie der Begriff „Unkraut“, genau wie zur Zeit der Missionierungen (denken wir an deutsche Kolonien), auch „Wilde“ dann zu minderwertigen Lebewesen wurden, nicht mal als Menschen bezeichnet wurden. Wilde und Wildnis galt es zu formen, zu bekehren, nach den Vorstellungen so zu manipulieren, dass eine „Ordnung“ entstand, die das Gefühl zuließ alles im Griff zu haben, mehr noch, die Landschaften würden ohne den Menschen nicht mehr existieren können. Fast so, als wären alle Gesetze der Natur völlig aufgehoben, würden nicht mehr funktionieren.

Natur funktioniert aber immer! Fukushima, Tschernobyl sind beste Beispiele dafür, was passiert, wenn der Mensch absolut keinen Einfluß mehr ausübt. In nicht einmal 20 Jahren erholten sich die Areale, erblühen in bester Biodiversität und Gesundheit. Hingegen bricht unsere vom Menschen geschaffene „Kulturlandschaft“ immer mehr zusammen. Wir haben das größte Waldsterben dieser Tage, das größte Insektensterben, Reptilien und Vögel verschwinden, wir stecken mitten im größten Artensterben seit 65 Mio Jahren. Wieso also maßen wir uns an die Natur managen zu können?
Natur ist viel mehr, ist Biologie, Chemie, Physik, Astronomie, auch heute Agrarwissenschaften, Genetik, Physiologie, Geowissenschaften, Meeresbiologie, Paläontologie, Waldwirtschaft, Zoologie (Tierkunde), Ornithologie, Wasserwirtschaft, Klimaforschung, Mineralogie und so vieles mehr. Alle komplexen Zusammenhänge wird der Mensch nie verstehen, klar also, dass der Mensch am Abgrund steht und morgen wahrscheinlich einen Schritt weiter ist. Einstein soll einmal seinen Studenten gesagt haben, die vierte Dimension werden wir nie begreifen, genau wie unser Schatten nie begreifen kann was eine Kugel ist. Und exakt so verhält es sich mit uns Menschen und der Natur, niemals werden wir die Komplexität, die Zusammenhänge, die gegenseitige Beeinflussung, vollständig begreifen.

Warum lernen wir nicht von der Natur und mit der Natur?
Gerade einmal 0,6 % der Landfläche in der Bundesrepublik sind laut WWF derzeit geschützte Wildnisgebiete. 89 % sind Jagdfläche, warum? Warum gibt es heute keine wirklichen Naturschutzgebiete, Gebiete in denen die Natur wirklich geschützt ist, eben nicht gejagt wird. Wir haben nur 14,89 % bebaute Flächen, 53,5 % sind Landwirtschaft, davon ca 50 % zur Tierfutterherstellung, also ca. 25 % der deutschen Flächen zur „Fleischherstellung“. Hier hatte ich mal errechnet (siehe Beiträge zuvor), dass ein durchschnittlicher Verzicht auf Fleisch von nur 34 %, die Fläche 2x Saarland zur Renaturierung, zum Rewilding, freigeben würde. 29,8 % sind Waldfläche, 6,5 % aller Flächen sind sogenannte Naturschutzgebiete, 5 % waren Moore, heute fast alle zerstört. Das Image des Moores ähnelte übrigens lange Zeit dem des Wolfes: düster, geheimnisvoll und todbringend. Kein Zufall, dass in der Nachkriegslegende des „Würgers vom Lichtenmoor“ Moor und Wolf eine unheilige Allianz eingehen mussten. Schottland ist uns da weit vorraus. Hier gibt es große jagdfreie Areale, auch ist Schottland schon wieder mit fast 20% mit Wald, also sich selbst überlassenen echtem Wald, bedeckt.

Ein natürlicher Mischwald, oder besser „ein Naturwald“, nicht die Waldwirtschaftsmonokulturen, ist unglaublich komplex. Pro Schicht beherbergt ein Wald spezielles darauf ausgerichtetes Leben, also entsprechende Tierarten. Die Wurzelschicht, der unterirdische Bereich eines Pflanzenbestandes umfasst die Pflanzenwurzeln und abgewandelte Sprossteile wie Rhizome, Zwiebeln oder Knollen. Zur Bodenschicht, die von Moosen und Pilzen gebildet wird, zählen auch niedere Blütenpflanzen wie Sauerklee und Haselwurz. Die Moosschicht ist Lebensraum für viele Insekten, Spinnen, Reptilien und Kleinsäuger wie Maus, Igel. Sie dient als Unterschlupf und Nahrungsquelle. Weiter nach oben folgt die Krautschicht, die sich bis in ein Meter Höhe erstreckt. Sie setzt sich vor allem aus Gräsern, Farnen, Jungbäumen und Blütenpflanzen zusammen. In natürlichen Licht durchfluteten Wäldern mit Kiefern und Lärchen ist sie stärker ausgeprägt als in Schattenwäldern aus Buche, Fichte und Tanne. Die Krautschicht bietet vor allem dem Wild Äsung. Die nächste Schicht ist die Strauchschicht, die bis in drei Meter Höhe reicht. In ihr findet man vor allem Sträucher wie Holunder, junge Bäume, Hasel, Weißdorn etc. Insbesondere am Waldrand, wo viel Licht einfällt, ist die Strauchschicht sehr vielfältig ausgeprägt. Sie bietet einer Vielzahl von Tieren Unterschlupf und Nahrungsquelle. Typische Tierarten der Strauchschicht sind z.B. die Haselmaus, Zwergspitzmaus, auch viele Vogel- und Insektenarten. Die letzte Schicht und größte ist die Baumschicht. Sie bestimmt mit dem mehr oder weniger kräftigen Laubwerk, wie viel Licht auf den Boden einfällt. Der Lichteinfall wiederum bestimmt die Zusammensetzung und den Artenreichtum der anderen Schichten. Je mehr Licht einfällt, desto mehr Arten finden sich in den Schichten. Die Baumschicht ist Lebensraum für viele Vögel, Raubvögel, oder Eichhörnchen, Baummarder und Insekten. Nur ein echter Naturwald, ein gesunder Wald, bringt Biodiversität. Diese funktioniert nur „3-Dimensional“, also mit allen Schichten und vielen Pflanzenarten, keinesfalls in Baumplantagen. Erst die Ganzheit des Systems Wald, also aller Pflanzen und Tiere, auch mit den wichtigen Prädatoren, funktioniert, alles andere nicht!

Auch wir hätten viel Flächen zu Verfügung die Natur machen zu lassen, ihr einfach zu vertrauen, denn sie hat weit mehr Erfahrungen, sie kann es einfach und es kostet nichts, nur manchen Menschen den Verzicht.

Mein Dank gilt Herrn Lutz Sievers für seine Unterstützung in den Waldfragen, https://www.waldglück.info/

11 Kommentare zu „Kulturlandschaft“

  1. Wie immer ein klasse Beitrag zum Nachdenken. Ich für mich gehe davon aus, dass der Homo sapiens ohnehin dazu neigt, sich alles untertan zu machen, solange es ihm Profit bringt. Ein erster Schritt war schon immer die Umwandlung der Naturlandschaft in die Kulturlandschaft. Der nächste Schritt ist dann die Ausbeutung nach Gut Dünken. Landwirtschaft, Holzwirtschaft, Ausbeutung der Moorlandschaften, Erzbergbau und am Ende Industriebrachen etc.

    Die einzigen wertvollen Manager die es gibt, sind die sogenannten „Keystone Species“, also Schlüsselarten, die dem Gleichgewicht der Natur dienen, wie z.B. der Wolf und Biber. Doch statt die wissenschaftlichen Tatsachen zu respektieren, werden Feldzüge der Landwirtschaft oder Jagdlobby gegen sie betrieben.

    Wie schrieb schon Goethe – „Die Natur versteht gar keinen Spaß, sie ist immer wahr, immer ernst, immer strenge, sie hat immer recht, und die Fehler und Irrtümer sind immer die des Menschen.“ Und da die Menschheit weiterhin ungezügelt wächst, wird jeder positive Ansatz durch die fortschreitende Bevölkerungsexplosion pulverisiert. Auch Kriege und Seuchen werden an diesem Dilemma nichts ändern.

  2. Ich finde das Naturlandschaften/Wildnis überbewertet werden, gerade wenn wir uns zahlreiche Studien hierzu angucken. So sind es Biotope, Lebensräume, (Ersatzgesellschaften) welche durch den Menschen erst geschaffen wurden und zu einer der größten Artenvielfalt vor mehreren hundert Jahren geführt haben. Die vielfältige Nutzung (aus der Not heraus) schuf Heiden, Magerrasen, Streuobstwiesen, Niederwälder, Brenndoldenauenwiesen u.s.w.. Wir sollten uns vor Augen führen, dass hierdurch eine Vielzahl von ökologischer Nischen für Arten geschaffen wurden, die es ohne den Menschen in Deutschland nicht gäbe. So sollen auch überwiegend jene Lebensraumtypen nach der FFH-Richtlinie in einem guten Zustand erhalten bleiben, die auf eine Nutzung des Menschen angewiesen sind. Was nützt es, wenn wir auf dem überwiegenden Teil von Deutschland Buchenwald (allgemein Wälder) hätten? Hier werden nur gewisse Arten profitieren, wohingegen zahlreiche aussterben. Ich erfreue mich lieber an Eichenwäldern, wo der Mensch entsprechend gegen die Natur arbeitet, aber dadurch schützenswerten Arten Raum bietet. So sind es auch Trockenlebensräume in der Offenlandschaft (Kulturlandschaft) mit ein wahrer Blüten-, Insekten- und Vogelvielfalt, welche durch den Menschen gepflegt werden und mich mehr erfreuen und faszinieren, als die dortige Wildnis (potentiell natürliche Vegetation).

    1. Man muss ja nicht etwas als überbewertet sehen, was noch nicht ansatzweise nebeneinander besteht. Naturlandschaften könnten ja ohne Frage auch wunderbar neben Kulturlandschaften entstehen. Können wir Gott spielen und sagen, wir haben vielen Arten durch unsere Landwirtschaft und Zersiedelung ein zuhause geschaffen, dann können wir uns jetzt beruhigt zurücklehnen und dem Artensterben zusehen? Wieviel Magerrasen haben wir denn? Und können wir es uns leisten diese exzessive Forstwirtschaft mit Monokulturen weiter im alten Stil zu betreiben? Da muss man schon einen gewaltigen Schritt zurück in die Geschichte machen und sich unter Anderem mit so Dingen wie der Megaherbivoren-Hypothese beschäftigen. Einseitige Bewertungen, wie „die Not schuf Magerrasen“ und damit Platz für eine gewisse Artenvielfalt, können wir uns eigentlich nicht mehr erlauben. Die Not schuf auch den Torfabbau im Moor mit all seinen negativen Folgen.

      Aber klar, ein Hobbyjäger wünscht sich keine Veränderung, er kann seiner Jagdleidenschaft in einer Kulturlandschaft viel besser nachgehen, als in einem gut geschützten Naturwald in dem ein natürliches Gleichgewicht ohne Eingriffe in die Natur das Ziel wäre.

  3. Matthias Schichta

    Wow … was für ein stimmungsvolles Bild. Das einzigste was dort fehlt sind die Tiere. Immer weniger Wildtiere sieht man draußen in der Natur. Noch nie ist mir das so sehr aufgefallen wie dieses Jahr. Ich weiß garnicht genau wann ich das letzte Mal ganz in Ruhe beobachten konnte. Diese werden aufgrund des ständig steigenden Jagddrucks, mittlerweile auch nachts, in die Tiefen des Waldes gedrückt und wenn man mal Wildtiere wie Reh-, Rot- oder Schwarzwild ganz früh morgen sieht flüchten diese schon auf einer unglaublich hohen Distanz. Grund dafür ist genau diese Kulturlandschaft, die mit Mitteln wie der Jagd „gepflegt“ wird! Warum eigentlich? Haben wir uns Menschen mittlerweile dermaßen von der Naturlandschaft entfernt, daß uns diese egal ist? Weidetierhaltung & Ackerbau waren ein schwerer Eingriff in die Natur. Natürlich war/ist beides notwendig für uns Menschen, aber die Natur hat dafür einen sehr hohen Preis bezahlt. Daher gilt es, den noch verbliebenen Teil „Natur“ mit all den Lebewesen und Pflanzen zu erhalten, denn auch die Generation nach uns haben ein Anrecht darauf diese zu genießen, aber was machen wir? Wir greifen weiterhin ein, schützen Weidetiere weiterhin nicht und erschießen die Tiere, die schon lange vor uns Menschen das Leben in den Wäldern geprägt hat. Millionen von Jahren hat die Natur funktioniert ohne das irgendjemand mechanisch eingegriffen hat – dann kamen wir und waren der Meinung das regulieren zu müssen und hinterlassen einen unfassbar schrecklichen Stempel auf diesem Planeten. Leider werden solche Themen von Zeitungen, die täglich gelesen werden, selten aufgenommen – da verkauft sich die Schlagzeile „Wolf reißt Nutztier“ wohl bedeutend besser als etwa einer Überschrift wie „Schadet die Hobbyjagd unserer noch verbliebenen Natur?“. Daher meinen höchsten Respekt für deine Beiträge. Diese sind mittlerweile ein wichtiger Bestandteil für unsere Bewegung. 🐺🤝😊

  4. „Wir leben in einem gefährlichen Zeitalter.
    Der Mensch beherrscht die Natur, bevor er gelernt hat, sich selbst zu beherrschen.“
    Dieses Zitat empfinde ich als sehr treffend.
    Eine Kulturlandschaft ist der überhebliche Versuch, die Natur an die Bedürfnisse des Menschen anzupassen.
    Mutter Natur hält uns immer wieder den Spiegel unseres kläglichen Scheiterns vor und führt uns vor Augen, welche Konsequenzen unsere Eingriffe in die komplexen, miteinander verzweigten und gewissermaßen voneinander abhängigen Ökosysteme der Natur, haben.
    Der zurückgehende Permafrost, was das Abschmelzen der Eisberge und somit ein Ungleichgewicht des Verhältnisses von Süß- und Salzwasser zur Folge hat und sich negativ auf die Meeresströmung (Humboldtstrom) auswirkt. Das Verschwinden der Gletscher, welche als natürlicher Klebstoff der Gebirgsmassive fungieren und diese nun mehr oder weniger zerbröseln. Trockenlegung und Abfeuerung von Mooren, die als CO2 Speicher noch wichtiger sind, als die Wälder. Erosion des Bodens aufgrund nicht nachhaltiger Landwirtschaft, unter Einsatz von synthetischen Düngern, die Ausrottung von Tieren… Ich könnte noch so vieles aufzählen.
    Da wir nur Gast auf Erden sind, sollte Ihre Erhaltung oberste Priorität haben. Es lässt sich nunmal nicht alles nach unsere Willen managen.
    Daher ist in meinen Augen, Rewilding der einzig sinnvolle und umsetzbare Weg, zu retten, was noch zu retten ist.
    Danke dir, für diesen exzellenten Beitrag, deine fantastische Recherche und dein unermüdliches Tun, zu Aufklärung. 🙏

  5. Dass die Natur so vielfältig und komplex ist, stellen ja selbst wir schon fest, die ohne studiertes Wissen, aber mit der entsprechenden Neugier und mit großem Interesse, in der Natur unterwegs sind. Ich bin fest überzeugt, dass ein Menschenleben allein nicht ausreicht, um dieses Zusammenspiel in der Natur zu begreifen. Eigentlich wusste man ja schon immer um die Wichtigkeit der Moore für unser Klima. Aber erst jetzt geht man bei, die vernachlässigten und teils ausgetrockneten Moore wieder zum Leben zu erwecken, weil durch Austrocknung kein CO2 mehr gespeichert werden kann und CO2 sogar wieder an die Umwelt abgegeben wird. Hierzu passiert natürlich zunächst genau das Gegenteil von Rewilding. Die von der Natur durch Sträucher und Bäume überwachsenen, ehemals feuchten Moorflächen werden von dieser Baumund Strauchschicht befreit und wiedervernässt. Auch dort wird sich sicherlich der Mensch nach einer gewissen Zeit der Unterstützung und Kontrolle wieder zurückziehen können. Wälder sind genauso von Bedeutung für das Klima. Aber da scheint die Ignoranz bei so gut wie allen Beteiligten noch sehr groß zu sein. Nach dem EEG 2023 hat die Errichtung von Stromerzeugungsanlagen (Windkrafträder z. B.) Vorrang vor allem anderen und berechtigt durchaus das Abholzen von Bäumen. Denkt man dann noch an das eine oder andere neue Holzkraftwerk, so ist man hier in Deutschland, was die Nutzung von Wäldern betrifft, von Rewilding weit entfernt. Erster Schritt Richtung Rewilding wäre ja schon mal, sämtliche Naturschutzgebiete (und am besten auch den Rest unserer Kulturlandschaft jagdfrei zu stellen, damit der Naturschutz auch endlich mal als solcher begriffen wird.

    Schönes Foto übrigens. Das frühe Aufstehen beschert einem immer wieder traumhafte Momente 😍.

  6. Klasse Beitrag Guido! Auf meiner Reise durch die Highlands in Schottland habe ich viele wilde, nicht gemanagte Gebiete gesehen, aber warum ist das so in Schottland? Ganz einfach… Seit der Wald weg ist, die Gebiete in dieser Höhe fast ausnahmslos Felsen und Moore bilden, können die eigentlich nur noch zur Schafhaltung genutzt werden. Dafür müsste man aber die Moore Trockenlegen, was einen riesigen finanziellen Aufwand bedeuten würde. Also es rentiert nicht… Da sind wir auch schon bei der Wurzel aller Probleme. Wie bei uns in ganz Europa, schützt man etwas nur, wenn es damit auch Profit abwirft. Solange mit Flächen auf andere Art, statt Rewilding, Geld verdient werden kann (Waldwirtschaft, Landwirtschaft, Bauflächen) wird nichts geschützt. Die Schotten aber haben begriffen, dass mit Rewilding auch Geld, Profit erwirtschaftet werden kann. Die Pandemie hat viele reiche Landbesitzer mit Jagdestates aus Geldmangel zum verkaufen gezwungen. Diese Estates wurden von NGOs oder reichen Naturschützern gekauft und vielerorts auch zum Rewilding genutzt. So fällt es leichter alle zu überzeugen und die Bevölkerung, sowie Politik in die Projekte einzubinden. Denn solche Projekte bringen Arbeitsstellen, Touristen und vieles mehr in Strukturschwache Gegenden. Leider geht es hier, wie überall auch, ums Geld. So ist es aber „Richtig und Zukuftsorientiert“ investiert. Danke nochmals für deinen Beitrag und nen schönen Sonntag! Grüsse Martin

  7. Wir Menschen sollten wirklich wieder mehr Demut,ein unmodernes Wort, und Bescheidenheit an den Tag legen, um von der Natur zu lernen, die uns einige Millionen Jahre an Erfahrung voraus hat. Die Ordnung in der Natur ist ein feines, sensibles Aufeinanderabgestimmtsein, wovon unser Verständnis von Ordnung nur ein schwacher Abglanz ist und meistens eher linear verläuft und nicht vielfach vernetzt und verdichtet wie in der Natur.
    In einigen, wenigen Fällen können allerdings Anstösse aus Kulturlandschaften zu neuen Naturlandschaften und Artenvielfalt führen, siehe Heidelandschaft., und bei der Renaturierung müssen wir auch an einigen Orten Starthilfe leisten.
    Aber es geht ja im Wesentlichen darum, die Natur soviel wie möglich selbst machen und reparieren zu lassen, dazu müssen wir ihr nur genug Zeit und Lebensräume geben.
    Aber es geht ja auch

  8. Dein Beitrag enthält so viele Informationen und wichtige Anregungen! Wie können wir davon ausgehen, dass die Natur etwas „versehentlich“ oder „umsonst“ erschaffen könnte. Zu schnell sind wir in Bewertungen (das muss weg, das muss verändert werden etc.) vs Verstehen. „Wir leben in einer vernetzten Welt“, das war die Überschrift neulich auf einer Info-Tafel im Wald. Und damit waren nicht das Internet oder neuronale Netzwerke gemeint, sondern Prozesse in der Natur. Dargestellt war das Netzwerk der Waldameise. Z.B. verspeist ein mittleres Ameisenvolk im Sommer täglich bis zu 100.000 Insekten und Spinnen; sie schützen Honigtauproduzenten; Vögel, Rehe und Kaninchen lassen sich von ihnen gegen Ungeziefer besprühen uvm. Wenn es diese Netzwerke gibt, wie können wir dann glauben, dass es keine Folgen hat, wenn wir diese stören, zerstören. Welche „Kultur“ beinhaltet unsere Kulturlandschaft? Die Kultur der „Kontrolle, Macht, sich Dinge Untertan machen“? Für mich spiegeln sich in Kulturen auch Werte wieder. Wie wäre es, wenn zu einer Kultur „Wertschätzung, Vertrauen, Respekt …“ gehören. Mein Eindruck ist, dass sich der Mensch durch die Industriealisierung leider immer mehr von den natürlichen Prozessen entfernt hat. Dein Satz, mit dem du uns auf deine Homepage einlädst, „…, Natur ist nur geliehen“, sagt sehr viel aus: wenn ich mir etwas von jmd. leihe, gehe ich sorgsam damit um, um es in dem Zustand zu erhalten, möglichst unbeschadet zurückzugeben. Vielen Dank für deinen großartigen Betrag!

  9. Vielen Dank Guido für Deine wertvollen Perspektiven in diesem exzellenten Beitrag. Ergänzen möchte ich noch, dass der gesetzlich definierte Waldbegriff leider sehr wenig mit der Vorstellung in unseren Köpfen zu tun hat … leider, denn naturgemäß hätten wir hier bei uns relativ „dunklen aber artenreichen Buchenurwald“ in Mitteleuropa … wir haben eigentlich die Verantwortung für den Erhalt genau dieses besonderen Ökosystems. Das gibt es weltweit im Wesentlichen nur hier in Europa. Lichte Wälder sind, wie Du beschrieben hast, sicherlich auch gut für die Artenvielfalt – keine Frage – aber daraus leitet Forstwirtschaft gerne ab, man müsse eben den Wald generell managen und bspw. auch auflichten. Die Holzproduktion wird unnatürlich angeregt. Das führt aber auch dazu, dass Wälder ihr funktionierendes Innenklima verlieren – sie werden dadurch „heiß geschlagen“ und letztlich überfordert. Der lebensnotwendige Totholz-Anteil ist zudem in den „Kultur-Nutz-Wäldern“ zu gering. Es ist ein Streitthema zwischen konventionellen Kreisen und dem Kreis der Naturwaldbefürworter , ob nun natürlicher Buchen(ur)wald „besser“ ist als gestalteter Mischwald. Der allgemeine Begriff Mischwald ist übrigens auch nirgends klar genug definiert. Mir fehlt bei der jüngsten Forstpraxis das Vertrauen auf die heimischen Baumarten. Meine Überzeugungen zum natürlichen „Original“ entstammen dieser Quelle, die zum Selbststudium einlädt:

    https://naturwald-akademie.org/forschung/studien/das-grosse-plus-von-natur-und-urwaeldern/

    Im Übrigen bin ich sehr gespannt, ob die geplante Novellierung des Waldgesetzes final die Ökosystem-Dienstleistungen des Waldes VOR der reinen Holzrohstoffnutzung ansiedeln wird. Das würde mich jedenfalls sehr freuen, weil sich dadurch trotz künftig naturnäherer Waldwirtschaft noch Kapazitäten zum Re-Wilding ergeben können.

  10. Die Bundesregierung vergangener Tage hatte seinerzeit das Erreichen von 2% „Wildnis“ in Deutschland festgeschrieben. Eine an sich schon lächerliche Zahl aber ,wie man Deiner Recherche entnehmen kann , ist man heute weit davon entfernt. Schaut man sich das “ Management “ der Strassenränder ,Waldränder und sonstiger grün bewachsenen Streifen ,kann man sich nur an den Kopf greifen. Letzte verbliebenen Flächen werden Fotovoltaik-Anlagen zum Opfer fallen .Hier zählt nur noch das schnelle Geld – ich habe jede Hoffnung auf Vernunft verloren. Denn genau wie Du ,Guido, könnte jede Umweltministerin recherchieren.

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