Kein Bild um jeden Preis

Vor einigen Jahren begann meine Leidenschaft für die Naturfotografie. Irgendwie aber war es mehr als nur das, heute kann ich es in Worte fassen, damals war mir das noch nicht ganz klar. Aus den ausgedehnten Hunderunden (30 Jahre Hundehalter) wuchs eine Neugierde für alles Erlebte. Sehr schnell war ich bei Sokrates (einige meinen es war Cicero) “ich weiß, dass ich nichts weiß”. Unglaublich was für komplexe Vorgänge sichtbar wurden. Das einzelne Tier, jede Pflanze ist schon interessant, aber die Zusammenhänge sind weitaus komplexer, noch interessanter. Heute fasziniert mich die Recherche, das “Lernen” also, das Erlebnis zwischen den Tieren, bei den Tieren und ja klar, dann auch die Fotografie. Es ist heute das Dreieck, wobei die Reihenfolge oben kein Zufall ist, tatsächlich steht das Bild auch aus Respekt gegenüber den Tieren, der Natur, weit hinten.
Und da bin ich nun auch im heutigen, mir sehr wichtigem Thema.
Vor ca. 18 Monaten kam ich auf den Hashtag #keinfotoumjedenpreis. Wie kam es dazu? Mit ca 20 Menschen aus Instagram war ich mal unterwegs, heute sind es weit mehr und immer wieder ist/war es eine Bereicherung. Verschiedene Sichtweisen machten das Feld bunter, allerdings gab es auch einige mit denen ich später tatsächlich brach. Ich erinnere mich an den/die einen/eine oder anderen/andere vom Bildmaterial her fantastischen Account, war mit denen los.
Eisvogel war das erste Thema, also hin zum bekannten Spot. Bluetooth Ghettoblaster eilig unter einen Ansitzstock und die Stimme eines anderen Männchens durchweg abgespielt. Tatsächlich kam ein territoriales Männchen daher, lies sich “prima” ablichten, Bilder waren im Kasten. Das war er also, mein erster fotografischer Wildlife Aufenthalt mit einem Experten, ich fühlte mich besch…… War das jetzt ein Erlebnis? Nein! War es das Bild wert? Nein, zumindest nicht für mich! Er war stolz wie Bolle. “Er” war auch der, der die Tiere grundsätzlich rief, auch im Wald, damit sie in die Kamera guckten.
Monate später sah ich zufällig einen Seeadler, war völlig durch den Wind. Wow, ein Seeadler, bei uns? Sofort galt es mehr zu erfahren. Lebensweise, Jagdverhalten alles musste gelesen werden. Es vergingen Monate bis ich mir sicher war ihn auf meine Art fotografieren zu können. Der Morgen, das Erlebnis ist bis heute unvergessen. Den ersten Vorbeiflug mit Fisch in den Krallen, 2m über dem Wasser und vielleicht nur 20m Entfernung, mir in die Augen blickend. Ich war so fasziniert, dass ich das Fotografieren völlig vergaß. Mit einem breiten Grinsen der Zufriedenheit zog ich aber dennoch ab, das Erlebnis konnte mir keiner nehmen. Ähnlich war es übrigens auch später bei den ersten Wolfsbegegnungen. Aber gut so, ganz sicher waren so die Erlebnisse intensiver, als durch eine Optik beobachtet.
Auch hatte ich mal einem “Wildlife-Fotografen” mit irre vielen Follower den Standort auf Anfrage hin verraten. Sah diesen dann mit gekauftem Fisch fortan dort auf Ansitz und natürlich wurden es von Tag zu Tag immer mehr sogenannte Wildlifer und natürlich flog der Adler den See monatelang nicht mehr an. Es folgten noch viele ähnlich Erfahrungen, alle samt aber prägten mein Verständnis vom Verhalten im Wald und im Umgang mit den Tieren.
Mein Verständnis, meine Sichtweise hat sich “entwickelt”. Teils aus Erfahrungen, teils aus Überlegungen, teils aus Gesprächen mit Euch. Fortan aber hatte ich eine klarere Sichtweise der Dinge, welche sich aber langsam und in vielen Diskussionen erst entwickelte. Heute ziehe ich für mich deutlichere Grenzen als früher. Vieles an Fotografie schließe ich aus, aber ohne Andere gleich für Ihre Bertrachtsweise zu verurteilen. Wahrscheinlich ist es soetwas wie Dankbarkeit, etwas was aus unglaublichen Erlebnissen enstanden ist. Wer mal kapitale Rotwildhirsche brunftig auf 8m an sich vorbeiziehen sah, sie riechen konnte, sie fast greifen konnte, wer auch Wölfe oder andere Tiere über Minuten aus nächster Nähe erleben durfte, bekommt wahrscheinlich spätestens dann ein anderes Verständnis zur Natur. Heute lehne ich jegliche Manipulation am Tier zum Bild ab. Anrufen, anfüttern oder andere Maßnahmen mit dem Ziel des “perfekten” (zumindest technisch) Bildes, empfinde ich als nicht richtig. Auch dem Thema Hide
stehe ich sehr, sehr kritisch gegenüber, obgleich es solche und solche gibt. Ab einer gewissen Größe eines Tieres, sagen wir spätestens ab dem Säugetier (so zumindest meine Grenze) darf eine Manipulation zum Foto nicht stattfinden. In der Vogelwelt ist die Grenze für mich noch nicht gezogen, hier aber sind die größeren Vögel eher in meiner Ehtik-Schublade der Säugetiere.
In der Makrowelt bin ich noch nicht angekomnen, aber Tiere mit Haarspray fixieren oder andere widerwärtige Verfahren sind absolut abzulehnen.
Zum Schluss möchte ich Euch bitten🙏, den Hashtag #keinfotoumjedenpreis zu verwenden. Ich persönlich habe nichts davon, nein auch keine Provision 🤣, aber dieser Hashtag ist der erste seiner Art, der dahin zumindest etwas sensibilisiert sich “fair”nünftig und respektvoll in der Tierwelt zu bewegen. Im Idealfall sogar der Natur etwas zu geben, statt nur zu nehmen. Der Hashtag müsste kurz vor seinem 5.000sten Beitrag stehen. Ab dieser Zahl ist er dann für jeden auch ein interessanter, vielleicht dann oft genutzter Hashtag, weil er sich dann auch in den Köpfen der nachrückenden zukünftigen Wildlife-Fotografen einprägt, vielleicht sogar mit entsprechendem Bewusstsein. Übrigens rücken auch schon die Hashtags #ehtik-tierfotografie und #ethik_naturfotografie nach. Herzlichen Dank @bettina_bruns.

1 Kommentar zu „Kein Bild um jeden Preis“

  1. Mit diesem Text zum Foto hast du direkt in mein Herz getroffen :). Wir sehen das ja ziemlich gleich mit dem Anfüttern, Locken und Rufen von Tieren. Am meisten entsetzt hatte mich, dass der Verein Jordsand tatsächlich einen Flyer für Fotografen herausgeben musste, damit sich diese respektvoll gegenüber den Tieren auf Helgoland verhalten. Da gibt es ja wirklich den Punkt, dass nicht mit Steinen auf die Robben geschmissen werden darf, damit sie in Richtung des Fotografen schauen.
    Wer in die Makrowelt eintaucht, kann zwar Insekten nicht anfüttern, aber ihr Habitat zerstören, in dem er in den Wiesen herumtrampelt. Oft stehen ja in solchen Wiesen auch die Pflanzen für Raupen und Falter. Darum bin ich immer kritisch, wenn ich Stacks mit Makro und Diffuser mit 300 Aufnahmen von Insekten sehe. Die Makrowelt beinhaltet ja nicht nur die Insektenfotografie. Blümchen, insbesondere seltene, stehen hoch im Kurs. Auch da erlebt man es immer wieder, dass die Fotografen die Wege verlassen, um mit möglichst geringem Abstand ihr Motiv in Szene zu setzen. Dabei kann man durchaus auch mal das Tele verwenden, wie ich es oft mache, und vom Weg aus fotografieren. Viele scheinen nicht zu wissen, dass sie durch das Verlassen der Wege den Boden verdichten, wo die Pflanzen wachsen. Das vertragen die Pflanzen nicht und so zerstört man ihr Umfeld. In manchen Gebieten werden ja mittlerweile auch Ranger eingesetzt, die für Ordnung sorgen müssen. Unglaublich, wie rücksichtslos viele vorgehen.

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