Jagd reguliert nicht

Die Populationsdynamik von Wildtieren in jagdfreien Gebieten zeigt, dass die Bestandsgröße einer Tierart von den Umweltbedingungen ihres jeweiligen Habitats reguliert wird. Das oft von mir zitierte kraftschlüssige Dreieck Pflanze/Pflanzenfresser/Fleischfresser regelt effektiv, auch in Kulturlandschaften ist das möglich wie das Fuchsjagdfreie Luxemburg seit 6 Jahren beweist!
Von den Umweltbedingungen hängt es unter natürlichen Bedingungen ab, wieviele Tiere überleben können (Umweltkapazität). In einer vom Menschen weitgehend unbeeinflussten Naturlandschaft halten sich die Bestandsgrößen auf einem mehr oder weniger gleichbleibenden Niveau, wie auch zB bei Wölfen innerhalb ihres Areales von bis zu 300 km2. Periodische Schwankungen sind vor allem auf Faktoren wie Klima, Nahrungsangebot, Krankheiten, Zu- und Abwanderungen, Anzahl der Fressfeinde, etc. zurückzuführen. Wissenschaftliche Studien belegen, dass der regulatorische Einfluss von Beutegreifern dabei eine weitaus geringere Rolle spielt, als Jäger meist behaupten. Die Räuberdichte wird bei vielen Tierarten von der Anzahl der Beutetiere begrenzt und nicht umgekehrt. So fressen die großen Beutegreifer nur einen geringen Teil des Schalenwilds, oder der Hasenartigen (Feldhasen und Kaninchen), weshalb sie auf die Regulation der entsprechenden Tierbestände nur einen geringen Einfluss haben. Wölfe, Bären und Luchse erbeuten in erster Linie schwache, kranke oder unaufmerksame Tiere und verbessern damit selektiv die genetische Substanz der Beutepopulationen. Der menschliche Jäger selektiert nach Trophäen und beeinflusst damit in negativer Weise die genetische und soziale Struktur der Populationen.
Auf jagdlich bedingte hohe Verluste und die Zerstörung von Familienverbänden reagieren insbesondere zahlenmäßig starke Wildtierpopulationen wie Rehe, Wildschweine, Füchse oder auch Waschbären mit einer erhöhten Reproduktionsrate. Eine französische Langzeitstudie..
beispielsweise nach, dass die intensive Bejagung von Wildschweinen in Verbindung mit einem reichen Futterangebot sowohl die Fruchtbarkeit als auch die Geschlechtsreife stimuliert, so dass bereits Frischlingsbachen trächtig werden. Auch scharf bejagte Fuchspopulationen gleichen selbst drastische Verluste innerhalb kurzer Zeit durch erhöhte Geburtenraten wieder aus. Die Natur hat für diese Mechanismen bei Naturkatastrophen gesorgt. In jagdfreien Gebieten sinkt dagegen die Fortpflanzungsrate! Niedrigere Welpenzahlen pro Wurf und ein sinkender Anteil an Füchsinnen (auch andere Wildtiere), die sich am Fortpflanzungsgeschehen beteiligen, vermeiden Überpopulationen. Im fuchsjagdfreien Nationalpark Bayerischer Wald werden pro Füchsin nur etwa ein Drittel so viele Welpen geboren wie in intensiv bejagten Gebieten. Eine amerikanische Studie an Waschbären zeigte auf, dass die Bejagung zu keinerlei Bestandsreduktion führte, sondern lediglich zu einer Verschiebung im Altersklassenaufbau mit einem deutlich höheren Anteil an Jungtieren und trächtigen Fähen gegenüber unbejagten Populationen.
Da der Tisch für Wildschwein & Co. infolge des Anbaus gehaltvoller und ertragreicher Getreide- und Kartoffelsorten immer reich gedeckt ist, sorgen Jäger über Kirrung, Ablenk- und Winterfütterung für eine regelrechte Freiland-Mast des Schalenwilds. So setzen sich die Mageninhalte getöteter Wildschweine in Baden-Württemberg zu über 35 Prozent aus Kirrungsfutter und zu knapp 20 Prozent aus Mastfutter zusammen. Nach einer neueren Untersuchung in Rheinland-Pfalz werden über die Kirrjagd ähnliche Energiemengen in die Schwarzwildpopulationen eingebracht wie über den gesamten Feldmaisanbau.
In ihrem Bestand gefährdete Tierarten wie Rebhühner, einige Entenarten, Steinböcke oder Feldhasen reagieren dagegen auf jagdliche Eingriffe genau entgegengesetzt. Sie werden durch die Jagd weiter geschwächt. Ab einer kritischen Untergrenze reicht mitunter die Tötung weniger Individuen, um einen schwachen Tierbestand zumindest regional auszulöschen. Die scharfe Bejagung von “Raubtieren” wie Füchsen und Mardern ist jedoch der falsche Weg, den Fortbestand bedrohter Arten zu sichern, denn deren Rückgang ist in erster Linie der Zerstörung ihrer Lebensräume durch großflächige Agrar-Wüsten zu verdanken.
Warum eine im Bestand gefährdete Art, geführt in der roten Liste, dann immer noch reichlich in der Jagdstrecke geführt wird, zeigt in meinen Augen noch einmal genau worum es bei der Jagd dann tatsächlich geht. In der Betriebswirtschaft nennt sich das Bedürfnisbefriedigung.
Zu diesem Anlass anbei als Bild den Osterhasen, im friedlichen Miteinander.

Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Nach oben scrollen