Hobbyjagd, die andere Jagd

In vielen Wildlife-Themen kommt man immer wieder auf die Hobbyjagd. Warum eigentlich “Hobby”-jagd? Ein Hobby, bei mir war und ist es der Sport, bei anderen die Fotografie oder das Briefmarkensammeln. Ein Hobby betreibt man mit Inbrunst, mit großer Leidenschaft. Auf einschlägigen Seiten der sozialen Medien eben, aus der Jagdszene ist diese “Leidenschaft des Tötens” von den Hobbyjägern oft genau beschrieben. “Das Gefühl von Macht” wird da sehr exzessiv genauso beschrieben, wie der Moment der Tötung “als Kick” empfunden wird, wenn diese durch das Zielfernrohr aus weitem Abstand erledigt wird, eben mit Leidenschaft Tiere getötet werden.
Nach Prof. Dr. Reichholf (“Jagd reguliert nicht”) ist ein sehr, sehr großer Teil der Jagd nicht nur überflüssig, sondern schädigt stark die Natur, das Wild, die Wälder, die Biodiversität, unsere Lebensbasis. Das Management der Jagd (Jagdausübungsberechtigte, der Hegegemeinschaften und der Unteren Jagdbehörden) plant Abschüsse über den Abschussplan (erstellt bis zum 01. April eines Jahres) und setzt diesen gegen Zwangsgeld bei Nichterfüllung auch durch. Die Kontrolle erfolgt über die jährliche Jagdstrecke. Das System dahinter ist die Reproduktion in der Kurve der größtmöglichen Population zu halten, für noch mehr Wild, für noch mehr Jäger.
Die Hobbyjagd also, mittlerweile haben wir über 403.000 Hobbyjäger und nur etwa 1.000 Berufsjäger, dient nur der Bedürfnisbefriedigung einiger, nicht aber der Natur. Mittlerweile haben wir in Deutschland mit die höchste Wildtierdichte, spätestens hier wird jedem klar, dass die uns verkaufte “Bestandsregulierung”, die “Hege &Pflege” völlig versagt.
Sehr viele Themen der Natur tangieren die Hobbyjagd direkt oder indirekt. Auf Grund der aktuellen (u.a.) völlig kaputten Wälder aber, sollten wir das außerordentlich wichtige Thema Natur nicht nur der kleinen aber lauten Fraktion der Hobbyagd überlassen. Mit dem Thema Jagd sind sehr viele Themen verbunden, wessen man sich erst dann bewusst wird, wenn man sich damit tiefer beschäftigt.Aktuell das Thema der Bestandsregulierung für den Wolf, gefordert von Jägern. Jeder der sich mit Wölfen ein wenig beschäftigt hat, weiß, dass diese überhaupt nicht funktioniert, ähnlich eben wie diese beim Wildschwein auch völlig versagt hat (alle Einzelthemen, s. Beiträge zuvor).
Auch ein begehrtes Thema sind die Verbissschäden durch Rotwild. Diese edlen großen Wildtiere, die früher auf weiten Flächen, auf Wiesen gelebt haben, deutlich weniger scheu waren, die viel lieber Gräser, Kräuter fressen, werden durch den extrem hohen Jagddruck in die Wälder “gedrückt”. Dort fressen sie nur aus großem Hunger schon die Rinde der Bäume ab, schaden deshalb dem Wald!
Oder die Population der Wildschweine, erst die Bejagung hat diese extrem angefacht. Wurden in den 80ern etwa 120.000 Tiere getötet, so sind es heute in den Jagdstrecken jährlich fast 800.000 (s. Jagdstrecken DJV).
Die Fuchsjagd, auch mit den Nebenthemen Fallen und Schliefenanlagen, völlig umsonst sterben die schönen Tiere, sinnfrei und ohne Nutzen werden sie nur zum Spaß bejagt. Fast jeder weiß heute vom jagdfreien Luxemburg, in dem sich auch die Nagerpopulation gesünder hält, die Mäuse zB 80% weniger Borrelioseerreger mit sich tragen. Abgesehen davon, dass die Population sich dort nivelliert hat, nicht weiter zunimmt, “nicht zur Plage wird”, wie oft aber dumm argumentiert wird. Die Natur kann es eben besser.
Das Thema Naturschutzgebiete, die es im Grunde nicht sind, da in allen auch immer noch genauso weiter gejagt wird.
Rewilding, die Idee zur Biodiversität, ob in kleinen Flächen oder in großen Projekten, kommt in Deutschland nicht mal auf den Tisch, weil der Gedanke für Jäger unvorstellbar ist, dass sich Natur selbst regulieren könnte.
Mufflons, hier und da immigriert, zur jagdlichen Belustigung wie einst das Damwild “eingeschleppt”, obgleich in vielen gegebenen Arealen durch den Wolf kaum eine Chance zum überleben haben, da ihnen ihre natürlich Umgebung zur Flucht fehlt. Die Situation also von Jägern geschaffen und in der Argumentation gegen den Wolf genutzt, obwohl sie vielerorts “entnommen” werden sollen.
Oft wird von Jägern völlig unwissenschaftlich behauptet, Tierart “A” müsse erlegt werden, damit Tierart “B” überlebt, zB in der Thematik Bodenbrüter. In diesen Gegenden werden deshalb die Füchse ausgerottet, die Leidenschaft des Erschießens soll da den grünen Anstrich erhalten, die Akzeptanz zur Bejagung eben.
Ähnlich auch bei der Kitzrettung, dem nächsten fast schon jagdlichen Thema, da man sich hier medienwirksam bemüht, die Jägerschaft neben echten Tierschützern positioniert, Kitze rettet, die aber schon 3-4 Monate später gem. Jagdkalender geschossen werden.
Auch der Wolf würde bei weitem nicht so in den negativen Schlagzeilen landen, wenn er für Jäger kein Konkurrent wäre. Jede Möglichkeit wird lautstark genutzt, den für uns so wichtigen Prädator Wolf, der völlig natürlich selktiert, als mordendes Monster hinzustellen, indem die Jagdlobby unsere Urängste mobilisiert, statt im Sinne der Natur vernünftig aufzuklären. Gern wird hier auch medienwirksam mit einigen Weidetierhaltern zusammengearbeitet.
Ich könnte mit zahlreichen anderen Themen wie Marder, Fasan, Feldhasen ergänzen.
Sehr schade ist, dass fast alle oben genannten Einzelthemen für sich oft tatsächlich in fantastischen Aufklärungsarbeiten einzelner “Tiervertreter” aufgearbeitet werden. Sie kämpfen für den Fuchs, für den Wolf, oder den Wald usw. Die Wurzeln allen Leids aber liegt u.a. in der Hobbyjagd. Schulter an Schulter sollten sich die Wildlifer gegenseitig effektiver unterstützen, um die viel größere Gruppe Menschen aus dem Volk zu erreichen, diese haben politische Stimme.
Die Gruppe der Hobbyjäger will sich überhaupt nicht weiterentwickeln, lässt nicht mal Wissenschaft zu, lehnt diese völlig ab. Selbst Areale in denen bewiesen ist, dass es ohne Jagd (zB Kanton Genf) seit Jahrzenten funktioniert, dass dort die Biodiversität zugenomnen hat, die Wälder gesünder sind, werden verschwiegen, passen nicht ins Bild der Lobby und richten sich gegen das perfide Interesse. Wenn wir alle aber den unnötigen Teil der Jagd, die Hobbyjagd, gleichermaßen bekämpfen würden, eben den Teil, der für die Probleme verantwortlich ist, und wie diesen morgen nicht mehr hätten, wären viele Probleme erledigt, würden viele Chancen sich aber öffnen und genutzt werden können.
Lasst uns zusammenrücken und das stimmengewaltige Mehrheit gemeinsam informieren.
Über einen Kommentar oder Gästbucheintrag würde ich mich sehr freuen.

3 Kommentare zu „Hobbyjagd, die andere Jagd“

  1. Mich macht diese Hilflosigkeit, mit der man zuschauen muss, wie in Deutschland einzelne Gruppen ihr schlimmes Handeln durchziehen können, so unfassbar traurig.
    Jedes Tier hat soviel mehr Charakter und Seele, als etliche Menschen. Wenn ich höre, dass es in Luxemburg ohne Jagd geht, würde ich am liebsten direkt dorthin auswandern.
    Der Mensch hat aus Dummheit (und zum Teil aus gutem Glauben) in den letzten Jahrzehnten soviel in der Natur kaputt gemacht. ich denke, die Natur käme ohne den Menschen besser klar. Vielleicht wird die Natur über diverse neue Viren weiter zum Gehenschlag ausholen, wenn die Einsicht und der Wille zum ändern bei vielen eben einfach nicht ankommt.

    Und trotzdem versuche ich an dem Thema nicht zu vergrämen und mich weiter an der wunderschönen Natur und ihren fantastischen Lebewesen zu erfreuen.

  2. Steter Tropfen höhlt den Stein. So ein uraltes Zitat, was hoffentlich auch irgendwann mal auf das Thema Hobbyjagd zutrifft. Diese Klientel ist bestens durch ihre Verbände vertreten, die in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten immer mehr die Politiker um den kleinen Finger gewickelt und auf ihre Seite gezogen hat. Zwar gibt es auf der anderen Seite Verbände wie Nabu, BUND, die beiden großen Pro-Wolf-Vereine und auch Pro-Fuchs-Deutschland, die zum Teil auch herausragende Arbeit leisten. Aber wie du schon schreibst, stehen sie nicht gemeinsam gegen Fehlentscheidungen in der Politik auf. Auch da ist dringend zu hoffen, dass sich das ändert. Kein Einzelkampf für die jeweils eigenen Interessen, sondern gemeinsames Auftreten. Alle oben genannten Interessenverbände haben mindestens genauso viele Mitglieder wie die Jagdverbände und auch diese Mitglieder können mit ihren Stimmen genauso Wahlen beeinflussen. Leider haben wir ja an unserem Grünen-Minister erlebt, wie er nach der Wahl eine absolute Kehrtwende gegen den Wolf hingelegt hat. Dennoch verbleibt noch Zeit, unseren Minister eines besseren zu belehren.
    Ich habe vor nicht allzu langer Zeit einen Vortrag von Seeben Arjes gelesen. Wolfsberater und …. wen wundert es, natürlich auch Jäger. Aber der Vortrag ist wirklich lesenswert. Er schildert aus seiner Sicht die anfangs noch positiv gesehene Wiederansiedlung des Wolfes und warum diese positive Ansicht im Lauf der Jahre ins negative kippte. Lokalpolitik, die sich einmischte (erleben wir ja auch gerade mit hier mit einer unleidlich unintelligenten FDP-Politikerin), Medien, die wegen der Klicks eher auf Negativschlagzeilen stehen u. v. m. Seeben Arjes zog das Resümee, dass die Rückkehr des Wolfes in Niedersachsen gelungen ist, die Politik es aber verkorkst hat. Seine abschließende Worte zitiere ich mal hier. Er wünscht sich für die Zukunft: “Dem Wolf, dass man ihn tun lässt, was er in der Natur tun muss. der Politik Ehrlichkeit, dass sie entweder tut, was sie sagt., oder sagt, was sie tut. Jedem Schaf wünsche ich, dass es vor Wölfen + Schäfern bewahrt bleibt.” Erstaunliche Worte…. Dein Foto ist natürlich wieder super. Der einsame Wolf. Passt irgendwie.

  3. Toll, das Du in diesem sehr umfangreichen Beitrag nochmal deutlich aufgezeigt hast, wo die Hobbyjagd mittlerweile ihre Finger überall im Spiel hat. Kaum ein Thema um Flora & Fauna, wo diese Leute ihren Senf dazugeben. Den 1000 Berufsjägern in Deutschland möchte ich ihr Wissen in keinster Weise absprechen, aber wer seinen Jagdschein in Form eines 7-Tage-Kurs absolviert hat als Jäger mit seinem Gewehr in der Natur nix zu suchen. Es gibt mittlerweile genug fachliche Berichte, die sich mit den Folgen der Hobbyjagd beschäftigen und das von Dir so oft erwähnte untermalen. Auch wenn sich einige Medien dort schon langsam ran trauen ist dort sicher noch eine Menge Luft nach oben. Das mag sicherlich auch daran liegen, daß die Jägerschaft sehr gut vernetzt ist und das bis hoch reicht in die höchsten Klassen unserer Gesellschaft. Auf den ersten Blick wirkt der “Kampf” dagegen wie David gg. Goliath, aber die Fassade bröckelt. Schön das Du den so wichtigen Zusammenhalt nochmal erwähnt hast. Hier geht es in erster Linie nicht um den Wolf, den Fuchs, etc. sondern um alle Wildtiere da draußen, die dem ständigen Jagddruck ausgesetzt sind und den Schaden den unsere Natur dadurch nimmt. Die Hobbyjagd muss weiter kritisch gesehen werden, auch wenn man natürlichsagen muss, das man nicht alle vorverurteilen darf. Da würde ich mir seitens dieser eine deutliche Distanzierung derjenigen wünschen, aber das ist weder bei illegalen Bejagungen, noch beim Thema Schliefanlagen passiert.

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