Biodiversität und Kulturlandschaft

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Biodiversität und Kulturlandschaft

Für viele ist es das Gleiche, aber was ist das eigentlich wirklich: Biodiversität, Artenvielfalt und genetische Vielfalt?
Gerade im aktuellen Bezug bis in die aktuellen Themen Wolf, Prädatoren, Schafhaltung, Landschaftsschutz und zukünftige Veränderungen ist es wichtig den “Unterschied” zu kennen.

Biodiversität beschreibt als Oberbegriff die Vielfalt der Natur. Die Küsten, das Watt, sind von anderer Biodiversität als das Gebirge oder die Moore. Wälder, Sumpflandschaften und Auenwälder von weiterer. Auch große Lichtungen mit blühenden Wiesen, die früher oft von den wahren Landschaftsarchitekten Wisent oder Elch geschaffen wurden, beide übrigens in kleiner Kopfzahl heute wieder zurück. Das lässt sich weiter runterbrechen bis in kleinste Areale, wie  Flussuferzonen, der städtischen Begrünung oder unseren Vorgärten, auch den Schrebergärten.

Zu jedem dieser Areale gesellen sich bestimmte Arten von Pilzen, Pflanzen und Tiere, die voneinander und ineinander abhängige Ökosysteme bilden. Und hier kommen wir zur Artenvielfalt und der genetischen Vielfalt. Beides sind weitere Unterkategorien der Biodiversität. (In den Anlagen sind weiterführende Links)

In Deutschland sind Städte mit ihren Schrebergärten und Parkanlagen, sowie viele Vorgärten inzwischen tatsächlich von deutlich größerer messbarer Artenvielfalt und Biodiversität als die ländlich genutzten Flächen, also als unsere “Wälder” und Felder. Kaum zu glauben, dass das was wir “Land” oder Natur nennen, heute messbar weniger Pflanzen und Tierarten beherbergt als Großstädte.

Die ausschließlich auf Ertrag getrimmte Kulturlandschaft mit ihrer Agrar- und Holzwirtschaft, ist verantwortlich für immer weniger Leben und Artenvielfalt. Knapp 51% der Fläche Deutschlands wird landwirtschaftlich genutzt, davon übrigens die Hälfte zur Herstellung von Tierfutter (das entspricht der Fläche von Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Sachsen-Anhalt zusammen !!). Knapp 30% aller Flächen nennen sich Waldflächen, dienen aber fast ausschließlich der Holzwirtschaft. Ertragsreich Baum neben Baum, schnellwachsend wie unter Laborbedingungen haben sie meist mit einem ursprünglichen Wald im Sinne des Artenreichtums absolut nichts mehr gemeinsam. Siedlung und Verkehr machen mit 14,5%, etwa nur ein Siebtel der Gesamtfläche in Deutschland aus.

Heiden gab es ursprünglich nur in sehr wenigen Winkeln Deutschlands, in denen es natürlicherweise keinen Wald gab: an Küsten, in Mooren und im Gebirge. Erst mit der Bewirtschaftung der Flächen sind auch an anderen Orten nach und nach Heideflächen entstanden.

Die Flächen werden heute als Weideland für Schafe genutzt. Sie fressen junge Pflanzen und Triebe und verhindern so, dass die Flächen wieder zuwachsen. Sie erledigen also zum Teil auch den Job den wir dem Reh- und Rotwild in den Holzplantagen zum Vorwurf machen und der ertragsschmälernde Verbiss dann als Begründung zur Bejagung genommen wird. Hier sind es “Verbissschäden”, da heißt es Landschaftsschutz. Zweifellos ist in den Heidelandschaften dadurch sehr viel an Artenvielfalt entstanden, aber eben indirekt durch den Menschen, der die von der Natur vorgesehenen Wildtiere erschießt und stattdessen domestizierte Nutztiere wie Schafe und Schnucken kostenintensiv zum Schutz des entstandenen Landschaftsbildes einsetzt. Es entsteht ein natürlich wirkendes Landschaftsbild, welches aber von Mutter Natur in weiten Teilen nicht erhalten werden würde. Schon die natürliche Anwesenheit des Wolfes wird für diese Art der Biodiversität oft als Problem verstanden, denn diese domestizierten Weidetiere sind keine Wildtiere. Sie sind zu pflegen, zu “halten” und kostenintensiv zu schützen, sie kommen ohne den Menschen in wirklicher Natur nicht zurecht. Das gilt zB. auch für korsische Mufflons. Des Jagdspaßes und der Trophäe wegen aus ursprünglichen gebirgigen Steilhängen in norddeutschen weichen Flachlandebenen angesiedelt, hat das mit Naturschutz nichts gemein.

Den kostenintensiven Landschaftsschutz dann auch noch kostenintensiv vor dem Wolf zu schützen, kommt vielen Kulturlandschaftsanhägern in ihrer Betrachtungsweise dann zu teuer. Sie lehnen daher den Wolf trotz aller EU-Förderungen konsequent und kategorisch ab, oft auch im Verbund mit der Jagdlobby, die andere “Beweggründe” in der Dezimierung des Wolfes sehen, sich hier dann aber gern als Partner erweisen. Die heutigen Haltungsbedingungen haben sich durch die Präsenz der Spitzenprädatoren wie Luchs und Wolf geändert und müssen durch entsprechenden Herdenschutz neu und unausweichlich angepasst werden. Umfragen ergeben, dass über 70% des Volkes für den Wolf sind. In einer Demokratie passen sich Minderheiten für gewöhnlich an, jagdliche Minderheiten offensichtlich nicht, zu groß sind offenbar monetäre Verluste, nicht vereinbar wohl der Verlust von Schieß,- und Tötungsspaß.

Ein ähnliches Bild offenbart sich an vielen Küstenregionen. Dass der Mensch in ehemaligen Überflutungsgebieten baut, dann Flüsse begradigt, heute direkt am Meer wohnt, einst günstig erstanden, dann Deiche errichtet, um sie dann aufwendig zu pflegen und Instand zu halten und auch hier tatsächlich Natur sogar bekämpft, könnte man maximal noch mit Tradition begründen. Längst aber gibt es fantastische Alternativen, tolle Projekte von denen Bauern, Naturschützer, Touristen und Steuerzahler gleichermaßen profitieren.

Die Verantwortlichen bei Usedom zB. fassten vor vielen Jahren einen überraschenden Beschluss. Die Dämme wurden nicht mehr repariert und das Gras nicht von Schafen kurz gehalten, die Wassermassen nicht herausgepumpt. Seither kann man beobachten, was auf solchen Gebieten geschieht, die sich übrigens kostengünstig, selbst überlassen bleiben. Zu den Höhepunkten dieser Entwicklung gehören sicher die für Deutschland ersten Bruten von Stelzenläufern und Weißbart-Seeschwalben. Heute stehen in der neuen Wildnis hinter dem ehemaligen Deich weite Flächen unter Wasser. Wo einst Kühe weideten, liegt jetzt ein flacher See, in dem Schilf und Knöterich wachsen. Schwarzhalstaucher und Kiebitze, Tafel-, Löffel- und Stockenten sind hier eingezogen. Seeadler und Kraniche, Wendehals (nicht Politiker) und Wespenbussard und Waldwasserläufer ziehen genau wie auch Biber und Fischotter hier ihren Nachwuchs auf. Artenvielfalt entstand und davon abgesehen auch eine unfassbar schöne Landschaft, anders als unsere oft schnöde Küstenregion. Die Deiche wurden weit ins Land verlegt, konnten dann deutlich kleiner ausfallen und auch deutlich kürzer, da nur noch direkt um Ansiedlungen geschaffen. Die entstandenen, oben beschriebenen langen Naturflächen wirken auch enorm den Kräften einer Sturmflut entgegen, “bremsen” die Wucht der Sturmfluten ins Landesinnere gewaltig ab. Auch sind diese nahezu “wartungsfrei”, bedürfen nicht mehr der teuren und aufwendigen Schafhaltung (siehe Anlage).

Andere europäische Staaten sind mit solchen Projekten weiter. Sie renaturieren, weisen konsequent echte Naturschutzgebiete aus, in denen tatsächlich die Natur im Gesamtkontext geschützt wird und nicht wie bei uns lediglich eine vereinzelte Spezies, während alle bejagdbaren Wildtierarten weiterhin in NSGs bejagt werden dürfen.
So wundert es nicht, dass vor kurzem in der EU-Biodiversitätsstrategie bis 2030 klare gemeinsame Ziele beschlossen wurden, die in die richtige Richtung gehen. Es wird mehr Biodiversität geschaffen und damit eine Artenvielfalt an Pflanzen und Tieren. Je mehr Arten, desto gesünder und vor allem stabiler gegen Einflüsse ist das Ökosystem.

Entsprechende Lobbyisten aber, offensichtlich mit dem Draht bis hoch in die EU-Spitze haben sehr leise am Volk vorbei, vielleicht sogar im Eigeninteresse den in der Strategie einst geforderten Punkt 10% “besonders geschützter” Areale, also ohne Holzwirtschaft, ohne Jagd, ohne Fischerei und Bergbau, kurzer Hand gestrichen und ihn durch Bäume pflanzen ersetzt, wohl hoffend, dass es nicht auffällt. (Siehe auch Beitrag naturdigital.online/naturschutzgebiete und EU-Anlagen). “Besonders geschützt”, also die 10% der Flächen, die der Natur zur Genesung zur Verfügung gestellt werden sollten, verschwanden ohne größere Diskussion, still und fast heimlich. Zu groß wäre da für einige wohl der Verzicht gewesen.

Auch hätten diese ausgewiesenen Areale sicherlich wissenschaftlich bewiesen, dass es eben auch ohne Jagd, ohne Regulierung funktioniert, dass ein natürliches Ökosystem mit allen Prädatoren besser funktioniert, als die vom Menschen geführte Bestandsregulierung der Wildtiere.

Wir hätten weitaus weniger Wildtiere und auch gesündere Wildtiere (siehe auch naturdigital.online/der-wolf-ist-unsere-chance ) und damit eine gesündere Lebensbasis für uns Menschen. Kurzum, nur ein Umdenken, immer mit dem Ziel hin zu mehr Artenvielfalt, könnte uns vor einem ökologischen Worstcase bewahren, viel Zeit bleibt dazu nicht.
Wir müssen nicht meinen, dass das nur teuer und zeitintensiv von Menschenhand aufgebaut werden muss, nein nur einfach komplett raushalten müssen wir uns aus vielen Flächen, nicht “korrigierend eingreifen”, hier und da die Natur eventuell ein wenig anschubsen….
Biodiversität, vollständige gesunde Natur, funktioniert nur mit den Prädatoren, mit dem Wolf und ohne den großen Anteil an der Hobbyjagd.

 

Quellen:

Definition:
www.landwirtschaft.de/diskussion-und-dialog/umwelt/was-ist-der-unterschied-zwischen-biodiversitaet-und-artenvielfalt

Link zur Deichalternative. Was Schafe früher, erledigen heute
https://www.spektrum.de/news/es-lohnt-sich-wirtschafltich-und-oekologisch-deiche-zurueck-zu-bauen/1397801

Flächennutzung Statistik
www.umweltbundesamt.de/daten/flaeche-boden-land-oekosysteme/flaeche/struktur-der-flaechennutzung#die-wichtigsten-flachennutzungen

Wölfe in Deutschland, Nabu
www.nabu.de/news/2024/04/34858.html?fbclid=IwZXh0bgNhZW0CMTEAAR2q2Uz-OSTr5UQohBHIbShec2_1ArIwVg4Re98yj5JR2815Vl_1YMAi-qc_aem_ARBUnjTTYi3sy2V6FRtsGZtnnFyCh-CBr8m2nVGFxWADS0aFbm5xtpDJBxN8qZQPJegRCiKutSPyUgJnNvjL4rWD

Schafhaltung heute
www.provieh.de/tiere/nutztiere/schafe

Biodiversität in der Kulturlandschaft
www.srf.ch/wissen/natur-tiere/biodiversitaet-warum-die-artenvielfalt-in-staedten-hoeher-ist-als-auf-dem-land

10 Kommentare zu „Biodiversität und Kulturlandschaft“

  1. Chapeau, Guido! Und nicht zuletzt ein großes Dankeschön für diesen Beitrag!
    Dass du dich dem Thema im Ganzheitlichen angenommen hast, um es vor Augen zu führen, macht es verständlicher denn je, wie schwerwiegend sich die Eingriffe der Menschheit auswirken.
    Doch nicht nur das…Es macht auch Hoffnung, dass es gar nicht so ungemein viel benötigt, um Dinge wieder in die richtige Bahn zu bringen.
    Es ist einfach nur etwas Verzicht, den Stolz etwas ablegen, das Eingeständnis nicht allmächtig zu sein, was es braucht, um dem Verschwinden von Lebensraum und Biodiversität/Artenvielfalt entgegenzuwirken.
    Selbst wenn für einige die moralischen Gründe nicht ausschlaggebend genug sein sollten, sollten es doch zumindest die finanziellen sein.
    Gerade eine gewisse Interessengruppe, die sich angeblich dem Naturschutz verschrieben hat, sollte die mehrfach widerlegte Notwendigkeit ihres Tuns, erkennen und das Lustmorden beenden.

    By the way…Deine Audio-Version malt wieder einmal Bilder im Kopf und macht es dadurch wunderschön erlebbar💯

  2. Vielen lieben Dank für diesen tollen Bericht, habe ihn schon auf dem Weg zur Arbeit gehört. Wie immer sehr lehrreich und interssant. Ja jeder muss anfangen umzudenken und auch Taten folgen lassen. Jeder sollte mehr für unsere Natur tun und vor allem schon mal zu Hause damit beginnen. Deine Berichte sind so wertvoll und ich hoffe du erreichst viele Menschen damit . 🐺🐾❤💯

  3. Gerade heute,wo der frühmorgendliche Hundespaziergang von mehreren Schüssen untermalt wurde, sprichst du mir einmal mehr aus der Seele, Guido! Wieso schafft man es nicht , das Treiben der Hobbyjäger gesellschaftlich in Frage zu stellen,wieso genießen sie immer noch das Ansehen des Rotkäppchen-Retters und des Pseudo-Naturschützers?! Betrachtet man all die Zusammenhänge in der Natur (die Du nicht müde wirst zu erläutern), begreift man doch, dass ALLE Lebewesen für den Kreislauf erforderlich und unabdingbar sind! Zwangsläufig MUSS man doch das völlig Sinn-befreite ‚Entnehmen‘ in Frage stellen!! Der Mensch muss irgendwann verstehen(oder es wird sehr schmerzhaft) dass er sich die Erde eben NICHT Untertan machen darf,ausbeuten,entnehmen,roden,jäten darf,sondern sehr,sehr achtsam und dankbar mit allem umgehen sollte was sie uns gibt. Leider geht es um Nutzen und Profit und jedem immer nur um sich und seine Bedürfnisse, welcher Art oder Abart sie auch immer sein mögen. Danke für diesen Beitrag,Guido.

  4. Andrea Luna Geitner

    Vielen Dank Guido Meyer – ein absolut lesenswerter Artikel, in dem du die Komplexität dieses Themas, wie immer, wunderbar verständlich erklärst. Auch darstellst, was die andauernden Eingriffe in die Natur durch Menschen anrichten. Wenn das nur endlich auch Jagd- und Landwirtschaft und vor allem Politiker verstehen würden. Deine vielen Beispiele, wie es auch anders gehen kann, gefallen mir so richtig gut. Sehr schön ebenfalls aufgezeigt, dass man auch im Kleinen sehr viel machen und bewirken kann.

  5. Man kann es auch so sehen, dass die Natur versucht, sich durch die natürliche Wiederansiedlung von Wölfen selbst zu „reparieren“ und/oder sich zu erhalten, bei all‘ den menschenverursachten Schäden an ihr. Der Mensch hingegen, hält an dem – ich nenne es mal – ausbeuterischem Verhalten der Natur fest – und dabei kommen ihm die echten Naturschützer (natürliche Beutegreifer) in die Quere. Das immer wieder genannte Argument „Wölfe gehören in keine Kulturlandschaft“ ist schlichtweg falsch. Es muss vielmehr heißen: wir brauchen wieder mehr echte Natur- vs Kulturlandschaften und die Beutegreifer unterstützen dabei (wie du es auch schon beschrieben hast).
    Wer heute noch glaubt, wir Menschen machen einen besseren Naturschutz als die Natur selbst …?! Es ist und bleibt ein Unding, dass die geforderten 10 % strenger Naturschutz (eben ohne möglichst menschlichen Einfluss) wieder gekippt wurden – von einer Minderheit. Und genau so eine Minderheit will auch die natürlichen Beutegreifer nicht. Mit welchem Ziel hat man zB Luchse wieder angesiedelt – wenn man sich davon nicht einen positiven Einfluss für die Natur versprochen hat. Für mich sind die natürlichen Beutegreifer vielmehr Naturschützer als wir „zivilisierten“ Menschen es jemals seien können.
    Mit deinem Beitrag hast du die Prozesse und deren Interaktionen so gut beschrieben, plus Lösungsansätze. 👏🙏 Das wäre ein Handeln für die Natur und für uns. 👍

  6. Ein sehr wichtiges Thema ,wenn nicht sogar das Wichtigste überhaupt ,hast Du hier aufgegriffen. Anschaulich erklärt und wieder zum Mitdenken angeregt . Nebenbei bemerkt ,toll eingesprochen 👌🏻.
    Schade ,man sieht ( fast) immer nur negative Beispiele und ist etwas ohnmächtig denen gegenüber ,die entscheiden .Aber vielleicht kann man ja im Kleinen etwas bewirken ,das deutet Du ja am Anfang an. Danke für Deinen Einsatz und Deine Mühe ,lieber Guido.

  7. Matthias Schichta

    Vielen Dank für diesen unfassbar guten Beitrag. Wie gewohnt spitzenmäßig recherchiert, für Alle Zielgruppen gut verständlich niedergeschrieben und wer lesefaul ist hat die Möglichkeit der Audio-Datei auf deiner Homepage.

    Ich finde es besorgniserregend, daß sich Politiker nach langen Sitzungen dazu entscheiden gewisse Dinge festzulegen und “Verträge” zu unterschreiben, auf die dann die notwendigen Taten nicht oder nur bedingt folgen. Wahrscheinlich weiß man schon bei der Unterschrift, daß das Alles sowieso nicht eingehalten wird und möglicherweise plant man empfindliche Strafen schon mit ein – ist ja nicht so schlimm – geht ja nur um die Natur. Warum ist das so? Ich behaupte mal, das es in erster Linie daran liegt, das sich mit dem Naturschutz nur wenig oder garkein Geld verdienen lässt wie z.B. mit Jagd & Forstwirtschaft. So lange wirtschaftliche Interessen im Vordergrund stehen wird sich der Naturschutz immer hinten anstellen müssen. Eigentlich traurig, da ich glaube das immer mehr Menschen ein Gefühl dafür entwickeln wie wichtig der Schutz von der Natur ist.

    Schon vor Jahren hätten man mit der Renaturierung beginnen können und die Jagd & Forstwirtschaft aus Naturschutzgebieten verbannen müssen. Die Natur hätte sich dort frei entfalten können und nach wenigen Jahren hätte man sehen können ob und welche positiven Effekte das mit sich bringt. Aber wie Du schon geschrieben hast, wäre man wahrscheinlich zu dem Entschluss gekommen das das managen von Wildtieren ein Fehler war und zu mehr Schäden geführt hat. Es werden oftmals auch nur einzelne Arten geschützt in dem man widerum andere einfängt und bejagt. Wir kennen die unzähligen Fallen in Naturschutzgebieten wo man dann Raubtiere wie Fuchs, Waschbär, Marder & Co. fängt um Bodenbrüter zu schützen. Neuestes Beispiel finden wir am Steinhuder Meer – dort wurden jetzt viele Rohrfallen aufgestellt um die dort brütenden Kraniche zu schützen.

    Man kann es nicht oft genug erwähnen – jedes Lebewesen egal wie groß oder klein hat seine Funktion in einem komplexen Okösystem und das sollte man nicht ausser Betracht lassen.

    Klasse Beispiel von der Insel Usedom. Es zeigt doch das es geht und auch noch positive Aspekte mit sich bringt.

    Zum Foto: Mal wieder eine tolle Begegnung mit dem einzig wahren Jäger in unseren Wäldern 🐺🤝

  8. Wieder mal klasse recherchiert. Man merkt, dass du viel Zeit und Herzblut in diese Themen steckst. Das Naturschutzgebiet in Anklam und im Peeneverlauf ist ein herausragendes Beispiel dafür, was passiert, wenn der Mensch komplett umdenkt. Auch wenn Sturmfluten sich dort quasi ausrollen, Nester und Erdbauten zerstören könnten: Der Mensch mischt sich nicht ein und überlässt es der Natur, sich zu regenerieren. Und oh Wunder, das klappt sogar. Etwas bedauerlich ist, dass auch dort mal wieder die Jagd nicht komplett ausgesetzt ist. Sie ist nur auf ein Minimum reduziert, aber immerhin und es scheint zu funktionieren. Sonst würde man dort nicht viele, auf der Roten Liste stehende Arten feststellen können. Dass die Jagd stark eingeschränkt ist, dürfte allerdings auch daran liegen, dass viele Areale des Gebietes nicht begehbar/befahrbar sind. Das wird dann wohl selbst den Jägern zu ungemütlich 🥳. Ich bin gespannt, wie sich das Gebiet weiterentwickelt.
    Tolle Aufnahme mal wieder von dem natürlichen Jäger 😍

  9. Thomas Mitschke

    Herzlichen Dank für diesen Beitrag. Biodiversität, also Artenvielfalt und unsere Kulturlandschaft sind sehr komplex, du hast es dennoch geschafft, dieses Thema in den Fokus zu nehmen. Insbesondere “unser Leben in einer Kulturlandschaft” und der daraus angebliche resultierende Handlungszwang (regulieren und managen) wird im politischen Diskurs ja immer wieder von den ewig Gestrigen aus der Jägerschaft herangezogen. Letztendlich soll es ihnen aber nur der eigenen Legitimation und Rechtfertigung dienen, auch in Schutzgebieten aller Klassen jagdlich zu ernten. Auch wird immer wieder gern behauptet, dass die Beweidung der Artenvielfalt diene und diese fördere. Doch real vor Ort haben wir in Deutschland schon seit den fünfziger Jahren rund 98% unseres mesophilen, nährstoffarmen, naturschutzfachlich wertvollen Grünlandes verloren. Auch sind weit über 85% unserer Grünlandbiotope, ja sogar mittlere Grünlandtypen gefährdet. Die Beweidung findet zumeist in artenarmen Grünland statt und mittlerweile gibt es genügend Untersuchungen und Studien, dass eine Beweidung nicht nur durch Nährstoffeinträge schadet sondern durch ökonomische Sachzwänge und fehlender Expertise nicht dem jeweiligen Standort respektive Lebensraumtyp angepasst wird. Was wir wirklich brauchen sind Gebiete und Regionen, wo sich Natur selbst überlassen wird und einen eigenen Heilungsprozess in Gang setzen kann.

  10. Super analysiert. Wir verwechseln oft Naturschutz mit Kulturlandpflege. Besonders der Prozessschutz kommt bei uns kaum voran. Selbst in Nationalparken ist der Druck groß, einzugreifen und zu gestalten. Gerade nicht von der Landwirtschaft genutzte Flächen sollten verstärkt einer natürlichen Entwicklung zurückgegeben werden. Aber da wird sofort das Schreckgespenst Verbuschung hervorgebracht. Dabei ist dies eigentlich nur die erste Stufe einer natürlichen Wiederbewaldung mit einem standortgerechtem Naturwald. In diese Richtung sollte sich viel mehr bewegen.

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