Jagd oder Naturschutz

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Jagd oder Naturschutz

In der Frühzeit war die Jagd für das Überleben des Menschen essenziell, die spätere Sesshaftigkeit des Menschen brachte die Landwirtschaft mit sich und löste in vielen Teilen der Welt die Jagd als primäre Nahrungsquelle ab. Die Jagd als reine Notwendigkeit zur Nahrungsbeschaffung wurde mit der Domestizierung von Tieren (z. B. Rind, Schaf, Schwein) und auch Pflanzen (z. B. Linsen, Erbsen) zunehmend zur Nebensache.

Im Mittelalter wurde die freie Jagd in vielen Regionen ganz verboten; in anderen Regionen durfte nur das Niederwild bejagt werden, während das Hochwild (Definition unten in den Anlagen) dem Adel vorbehalten war. Die Jagd diente dem Adel nicht nur als Zeitvertreib, sondern auch zur Demonstration von Macht, Stärke und Ansehen. Notwendig war die Jagd schon lange nicht mehr; sie war lediglich Privileg und Statussymbol. Dieses Bild hatte sich bis etwa in die 1970er Jahre gehalten.

Eigens zur Erhöhung des adligen Freizeitvergnügens wurden seinerzeit Sikawild aus Ostasien und Damwild, ursprünglich aus Vorderasien eingeführt, sowie vor etwa 120 Jahren das erste Muffelwild aus Korsika und Sardinien, alles damals in Mitteleuropa nicht heimisch. Die Jagd entwickelte sich in vielen Gesellschaften zunehmend zum Statussymbol und zu einem Freizeitvergnügen, das meist wenigen Privilegierten vorbehalten war. Damit hatte sie nur noch soziale und kulturelle Bedeutung; obgleich die Argumentation für die Jagd heute versucht, ein anderes Image aufrechtzuerhalten, beziehungsweise sogar von der angeblichen Notwendigkeit der Jagd spricht. Doch dazu später.

Das Reichsjagdgesetz von Hermann Göring 1934 enthielt bereits Elemente von Forst und Wild im Kontext der Jagd und hat sich im Wesentlichen bis heute nicht verändert. Es enthielt Bestimmungen zur Hege des Wildes und zur Ausrichtung der Jagd nach den Grundsätzen der sogenannten „Deutschen Waidgerechtigkeit“, einem durch die Nazis geprägten Begriff, auch dieser hat sich über das dritte Reich bis heute erhalten. Das Reichsjagdgesetz wurde ab 1948 aufgehoben, das Bundesjagdgesetz (BJagdG) 1952 war fortan geltend.

Im Bundesjagdgesetz wurde der „Hegeauftrag“ für Jäger festgeschrieben. Dieser Auftrag beinhaltet die Pflicht zur Erhaltung eines gesunden Wildbestandes und zum Schutz seiner Lebensgrundlagen. Im Grunde wurde dies bis heute nie erfüllt; die Trophäengier und der aufkommende Schießspaß drücken sich nicht zuletzt auch in den Hegeschauen aus, in denen gerade der gesunde Wildtierbestand, die „perfekt gewachsene Trophäe“, zur Schau gestellt wird. Außerdem weisen die Jagdstrecken der letzten 30 Jahre deutlich aus, dass immer mehr Jäger immer mehr Wild erlegen. Interessant ist auch, dass gegen erfolgreiche „natürliche Jäger“ regelrecht gehetzt wird; sie werden durch Teile der Jägerschaft vor der Gesellschaft als gefährlich dargestellt, was den Konkurrenzgedanken offensichtlich werden lässt. Gemeint ist der Wolf, in einigen Regionen auch der Luchs. Sie erledigen mit ihren evolutionär perfektionierten Sinnen und Fähigkeiten den Job deutlich besser als ein Mensch es je könnte. Über ihre feine Sinneswahrnehmung und die einzigartige Selektion schwacher und kranker Beutetiere, wird tatsächlich die genetische Fitness erhalten, wodurch gesunde Wildtierbestände verbleiben.

An dieser Stelle sei klar erwähnt, dass weder Jäger noch Prädatoren die Wildtierbestände, alle Wildtierbestände, überhaupt regulieren müssen – das erledigt die Biologie seit Jahrmillionen in ihren eigenen Gesetzen der Populationsdynamik, indem die Umweltkapazitäten ganz natürlich die Bestände beschränken. Wolf und Luchs fressen nur das, was ohnehin meist dem Tode geweiht ist, denn das ist natürliche Selektion, das ist eben Natur. Vielleicht wurde genau deshalb das Lieblingspony Dolly von Frau von der Leyen mit seinen stattlichen 30 Jahren damals von den Wölfen „ausselektiert“, zumal es völlig ungeschützt zu erreichen war.

Die Jagd des Menschen hingegen, wie wir sie heute in Deutschland sehen, hat zu einer ständig anwachsenden Zahl von Wildtieren geführt und die Populationsdynamik extrem erhöht. Die natürliche Sättigung der Wildtierbestände, wurde immer wieder durch starke Bejagung so weit nach unten korrigiert, dass die Natur wie nach Umweltkatastrophen einer erhöhten Geburtenrate gegensteuert, um den Bestand wieder auszugleichen, oder zu stabilisieren. Aber warum wird das als Naturschutz bezeichnet?

An dieser Stelle nochmals deutlich gesagt: die Entnahme auf dem Niveau eines Prädatoren wie dem Wolf, also eine geringe Entnahme in vernünftiger, naturidentischer Selektion, ist biologisch durchaus möglich. Die Jagd, wie sie in Deutschland seit Jahrzehnten aber praktiziert wird, hat jedoch inzwischen zur höchsten Wilddichte ganz Europas geführt. Was heute oft aus reiner Freude geschossen wird, fernab aller modernen wissenschaftlichen Erkenntnisse, ist unfassbar erschreckend. Längst haben Teile der Bevölkerung erkannt, dass die heutige Jagd auf diesem Niveau der Natur und damit uns, dem Menschen schadet; daher sinkt das Vertrauen in die Jagd. Das ist auch der Grund weshalb die Jagdlobby mit teurem Marketing seit Jahren viel Geld ins eigene Image investiert.

Die Haltung gegenüber dem als jagdliche Konkurrenz eingestuften „Raubzeug“ (ehemalige jagdliche Ausdrucksweise), wie Fuchs, Wolf und weitere Prädatoren, verrät die wahre Einstellung zur Natur, denn Naturschutz bedeutet eigentlich, die Natur machen zu lassen, sie sich entfalten zu lassen, sie ruhen zu lassen und vor allem, ihr den Raum zum eigenen natürlichen Management zu geben. Das funktioniert nicht in einzelnen kleinen Revieren, hier muss großflächig gedacht werden.

Die Idee, die Jagd als Naturschutz zu betrachten, entwickelte sich mit dem Imageverlust in jüngster Zeit. Medien, damals noch aufklärend und im Auftrag der Informationspflicht, hatten durch Zeitungen und TV in den 60er Jahren, nun den Zugang zur Gesellschaft, was sich für die damalige Jägerschaft nicht immer positiv auswirkte. Aus Sicht der Jagdlobby war es damals daher ein genialer marketingstrategischer Schachzug, sich im Verband als Naturschützer zu verkaufen. Vermutlich erschlich sich die Jagdszene auch damit vor den Medien den immer wieder zitierten Expertenstatus. Auch heute noch betreibt man medienwirksam Naturschutz, indem man sich z. B. zur Mahd neben die vielen fantastischen Rehkitzretter stellt und als Naturliebhaber oder Wildtierretter erklären lässt, obgleich 3 Monate später evtl. genau diese Kitze schon wieder erschossen werden.

Naturschutzorganisationen wie die IUCN (Weltnaturschutzunion, größtes weltweites Naturschutzbündnis) haben anerkannt, dass die „nachhaltige Nutzung natürlicher Ressourcen“, einschließlich der Jagd, zum Naturschutz beiträgt. Dies ist übrigens die gleiche Organisation, die sich auch im Sommer 2020 positiv zur Trophäenjagd als Naturschutzmaßnahme geäußert hat. Spätestens hier wird dann klar, dass es wohl „zu einem Deal“ gekommen sein muss, um mal politisch aktuelles Vokabular zu nutzen.

Auch der NABU, heute unter der Leitung von NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger (Anlage 2), selbst Jäger, erkennt die Jagd als eine Form der Landnutzung an, die nachhaltig sei und ethischen Prinzipien entsprechen soll. Sie betonen allerdings die Notwendigkeit einer naturverträglichen Jagd und fordern mehr Naturschutz im Jagdrecht. In einer gemeinsamen Erklärung mit dem DJV (Jagdverband) wurde die gemeinsame Verantwortung für den Erhalt der biologischen Vielfalt betont. Auch ein Deal? Die vielen großartigen und wichtigen Arbeiten der zahlreichen NABU-Mitarbeitenden möchte ich an dieser Stelle klar ausklammern und den NABU, seine oft guten Arbeiten, nicht pauschal diffamieren.

Auch der World Wide Fund for Nature (WWF) akzeptiert in bestimmten Fällen den Jagdtourismus und die Trophäenjagd, wenn diese nachweislich zum Schutz der jeweiligen Art beitragen und die Einnahmen in den Naturschutz sowie in die lokale Bevölkerung fließen. Hier möchte ich die Frage nach einem Deal auslassen; sie erübrigt sich.

Es ist schon erstaunlich wie die Jagdlobby, bis hin zur EU-Spitze, der ehemaligen Schirmherrin der Hubertusjagd, Ursula von der Leyen, ihr Netzwerk aufgebaut hat und damit heute zum Vorteil ihrer Jägerschaft agieren kann. Aktuell ist auf diesem Weg der Kontakte der Schutzstatus des Wolfes gesenkt worden. Der Wolf wurde entgegen jeder Wissenschaft, auch entgegen der Vereinbarung zunächst den „günstigen Erhaltungszustand“ zu erreichen, quasi von der Jagdlobby herabgestuft. Genauso wie still und leise von eben dieser Lobby der cleverer Erstvorschlag zur Biodiversitätsstrategie über Nacht verschwand, bevor dieser in der Gesellschaft ankam, Medien berichteten nicht darüber, dass ein kluges Gremium, bestehend aus vielen echten Fachautoritäten von Biologen, vorschlugen vor mindestens 10 % der Landflache „besonders geschützt“ auszuweisen, so wie es heute sogar auch der Prof. Dr. Dr. Sven Herzog (selbst Jäger) vorschlug, also der Natur vollständig Raum zu geben, ohne Jagd und ohne Forstwirtschaft.

Die Jagdlobby hat sich einen viel zu großen Stellenwert in der Gesellschaft über die fast 100 Jahre erarbeiten können. Mit dem Draht nach ganz oben, gelingt es ihr aktuell sogar gegen jeden wissenschaftlichen Zusammenhang den FFH-Schutzstatus des Wolfes zu senken. Seit Jahrzehnten entscheidet über „unsere“ Natur tatsächlich nur der Jagdverband zusammen mit der Land- und Forstwirtschaft über die für uns so wichtigen Wälder und Naturflächen. Ihre Lobby hat sich in all den Jahren den Platz und die Macht verschafft, allein in deren Interesse zu entscheiden und zu verwalten. Auch Medien werden heute geführt von Lobbyisten. Viel zu schnell werden ohne weitere Überprüfungen von Homeofficejournalisten Artikel erstellt und schnellst digital verbreitet, heute zählen Klicks, nicht mehr Wahrheiten.

Nicht die Jägerschaft sollte über unsere desolate Natur, die Biologie der Wildtiere, unserer Wälder, unserer Natur entscheiden dürfen, sondern ein übergeordnetes wissenschaftliches Gremium, nennen wir sie im Arbeitstitel Flora- und Fauna Wächter. Dieses sollte die sinnlose Niederwildjagd, genau wie die Fallenjagd und die Gesellschaftsjagden verbieten. Darüber hinaus sollte es nur im Sinne der Natur handeln, der Politik berichten und Projekte einfordern, z. B. Projekte wie Grünbrücken, um der Zerschneidung der Landschaft entgegenzuwirken, damit unter den Wildtieren ein genetischer Austausch wieder möglich ist. Auch die Forstwirtschaft würde dahin kontrolliert vernünftig und schonend Bäume zu entnehmen und mit Mischwäldern Mutter Natur etwas zu unterstützen. Diese geschaffene Instanz, die auch exekutive Rechte im Sinne der Gewaltenteilung haben sollte, müsste die Umsetzung von sich selbst regulierenden echten Naturschutzgebieten anregen, die frei von Jagd und Forstwirtschaft sind.

Moore, Feuchtgebiete und echte Wälder, mit dem einzigen Ziel, das Artensterben aufzuhalten und breit aufgestellte Natur, also Biodiversität zu schaffen. Den Raum dazu haben wir; gut 35 % Deutschlands sind Waldflächen. 10 % dieser Flächen, besonders geschützte Räume zur Entfaltung der Natur, wie es die Biodiversitätsstrategie im Erstvorschlag vorsah, wären der richtige Anfang. Es bedarf nur des Verzichts einiger weniger Hobbyjäger und Holzplantage-Besitzer. Auch der Naturschutz muss sich dahin ändern. Es reicht nicht mehr im Sinne der Kulturlandschaft hier und einen Blühstreifen im Revier entstehen zu lassen. Wir müssen viel großflächiger denken und handeln.

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Quellen:

Weitere Quellen auf der Linksammlung. https://naturdigital.online/linksammlung

BUND; Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, Stellungnahme zu zuwenig Veränderung der „Reform“:

https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/DE/Glaeserne-Gesetze/Stellungnahmen/AendWaldGJagdG_BUND.pdf?__blob=publicationFile&v=2

Nabu Präsident
https://www.nabu.de/news/2020/09/28615.html

Gemeinsame Erklärung DJV und Nabu
https://www.nabu.de/natur-und-landschaft/landnutzung/jagd/naturschutz.html

WWF bekennt sich zur Jagd
https://www.jaegermagazin.de/jagd-aktuell/news-fuer-jaeger/jagd-ist-naturschutz-%C2%96-wwf-foerdert-schutzprojekte/

IUCN bekennt sich zur Jagd
https://cic-wildlife.de/2020/07/10/weltnaturschutzunion-bekennt-sich-zur-jagd/

Für mehr Wildnis
https://www.bund.net/fileadmin/user_upload_bund/publikationen/waelder/waelder_wildnis_broschuere.pdf
Populationsdynamik Prof. Dr. Reichholf (Kurzversion)
https://www.bund.net/fileadmin/user_upload_bund/publikationen/waelder/waelder_wildnis_broschuere.pdf

Beispiel einer Marketingaktion:
https://www.jaegerschmiede.de/10-gruende-fuer-den-jagdschein/

Prof. Dr. Dr. Sven Herzog, ab Min 5:45 im Interview
https://youtu.be/dCfwcl8ma1k?si=GJhYjQNS8ERp56l1

Jagdstrecken Schalenwild 90er bis heute
https://www.umweltanalysen.com/rothirsch/jagdstatistik-populationsentwicklung/https://www.umweltanalysen.com/rothirsch/jagdstatistik-populationsentwicklung

   

 

Wikipedia, die komplette Entwicklung geschichtlich. Achtung hier interessant die Schreibweise Waidgerechtigkeit mit „ai“ stammt aus dem dritten Reich, war zuvor „ei“.

https://de.wikipedia.org/wiki/Geschichte_der_Jagd_in_Deutschland

Die heutige Definitionen von:
• Hochwild:
Das sind in der Regel Schalenwildarten (mit Ausnahme des Rehs), sowie Auerwild, Steinadler und Seeadler.
• Niederwild:
Dazu gehört alles Wild, das nicht zum Hochwild zählt, also Rehwild, Dachs, Hase, Kaninchen, Fuchs, Mumeltier, sämtliches Flugwild mit Ausnahme von Auerwild, Stein- und Seeadler, kleines Haarraubwild und Robben.

8 Kommentare zu „Jagd oder Naturschutz“

  1. Wieder einmal ein ganz fantastischer Beitrag und als Topping schöne Bilder und Videos aus der Natur. Ich hoffe, du erreichst immer mehr von deinem Wunschpublikum, nämlich die Allgemeinheit, die bisher kaum Berührungspunkte mit Jagd hatte und über den Sinn und Unsinn der Jagd gar nicht oder so gut wie gar nicht informiert ist.
    Was mich schon seit langem beschäftigt, warum es den Jagdverbänden immer wieder gelingt, so viel Einfluss auszuüben. Die meisten ihrer Mitglieder haben kaum eine wissenschaftliche Ausbildung. Der DJV gibt regelmäßig Umfragen über das Image der Jagd in Auftrag. Für ihn ist es wichtig, wie die Öffentlichkeit Jagd wahrnimmt.
    Nach außen hin wird das Bild des (waffentragenden) Naturliebhabers forciert, frühmorgens in der aufwachenden Natur bei Vogelgezwitscher unterwegs, dessen Wirken fast ausschließlich dem Naturschutz dient.
    Gerade jetzt zur Zeit der Kitzrettung sind ganz viele Beiträge in den sozialen Medien von Jägern zu sehen. In den Kommentaren bedanken sich viele für den tollen Einsatz. Rehkitzrettung ist sehr wichtig, was aber die wenigsten wissen, dass diese nur unter Beteiligung von Jagdscheininhabern vorgenommen werden darf, weil die Rettung rein rechtlich als Wilderei angesehen wird. Wenn Jäger sich also deswegen als Naturschützer feiern, dann auch deshalb, weil nur sie die Aufgabe wahrnehmen dürfen (mit freiwilligen Helfern). Eines der Themen, was ständig dabei hilft, das Image der Jagd nach außen hin zu verbessern. Dass diese Kitze nur wenige Monate später geschossen werden dürfen, weiß kaum einer. Auch nicht, dass fast zeitgleich mit Beginn der Rehkitzrettung die – drücken wir es mal emotional aus – Papas der Kitze als Maibock geschossen werden dürfen.
    Wie du schon ausführst, ist Nahrungsbeschaffung zum Stillen des Hungers nicht mehr erforderlich, so dass jedes Foto über abgeschossenes Wild durchaus negativ in den Köpfen der Menschen ankommt und auch negative Emotionen auslöst. Da nutzt es auch nichts, das Wild dekorativ mit einem Zweiglein und einer hübschen Jägerin zu versehen. Die 27 000 Tonnen Wildbret jährlich wollen ja schließlich unters Volk gebracht werden. Tolle Rezeptvorschläge, garniert mit schicken, professionell erstellten Fotos, mit gezielten Hinweise darauf, dass es sich nicht um aus der gruseligen Massentierhaltung stammendes Nutztierfleisch handelt, sondern um in der freien Natur aufgewachsenes Wild, weidgerecht und ohne Qualen erlegt, erzielt da durchaus positive Außenwirkung. Dass sich das in der Natur aufhaltende Wild vorwiegend von dem ernährt, was auf konventionell, mit viel Chemie behandelten Feldern wächst, wird verschwiegen. In Bayern ist ja das Wild nach wie vor radioaktiv durch Tschernobyl hoch belastet, vor allen Dingen Wildschwein, was aber kaum einer erfährt.
    Also müssen zur positiven Imagepflege auch noch Kindergärten herhalten. Kindern wird so die Nähe zur Natur beigebracht, Abenteuer Wald, Abenteuer Tiere beobachten, niedliche Häschen und Kitze auf Fotos gezeigt. Nennt sich Umweltbildung. Was für ein blutiges und grausames Geschäft die Jagd ist, fällt erstmal unter den Tisch.
    Wie viele, ach so tolle Massnahmen Jäger zum Erhalt der Biodiversität, des Artenschutzes beitragen, kann man schön am Förderungskatalog der deutschen Bingo-Stiftung sehen. Immer wieder auch Maßnahmen der Jagdverbände.
    Mittlerweile werden auch sehr informative Guidelines veröffentlicht, was Jäger bei Social Media berücksichtigen sollen, um die Jagd so positiv wie möglich rüberzubringen. Unglaublich oder? Es gibt sogar von einer akademischen Jagdwirtin eine Masterarbeit „Eine Untersuchung ihrer Wahrnehmung durch die Generation Z“. In Kurzform: Diese Generation bildet sich die Meinung über Social Media und Bilder von erlegtem Wild polarisieren: Darstellungen toter Tiere in den sozialen Netzwerken stehen häufig im Konflikt mit gesellschaftlichen Wertvorstellungen, die stark von Tierschutz, Nachhaltigkeit und sozialer Gerechtigkeit geprägt sind.
    Daraus kann man auch positive Erkenntnisse ziehen: Schöne, beeindruckende, mit positiven Emotionen verbundene Fotos und Videos zeigen und diese mit sachlich aufklärenden Beiträgen über die Nachteile der Jagd verpacken. Fazit: Du machst alles richtig ;). Also bitte nicht nachlassen und immer weiter aufklären :).

    Quellen
    -Masterarbeit: https://www.hirschundco.com/repraesentative-studie-erlegerbilder-in-sozialen-medien-schaden-dem-ansehen-der-jagd/ und
    -Guideline https://www.hirschundco.com/wp-content/uploads/2022/09/Flyer_Social_Media_guidelines_fuer_Jaegerschaft.pdf

  2. Wow….was für ein Beitrag…..Respekt. Je mehr ich drüber nachdenke, um so mehr bin ich der Meinung, dass dies in jedes Schulbuch gehört, nicht nur für Bio, auch für Politik u Gesellschaft, soweit an Schulen als Fach angeboten. Der Hegeauftrag, schon beschämend, dass dieser noch nie erfüllt wurde und die Jagd sich immer weiter davon entfernt. Die Jagdstrecken steigen und man präsentiert stolz seine Opfer. Dabei gibt es natürliche Jäger, am Boden, zu Wasser, in der Luft, die das viel besser, effizienter können und alle Bestände gesund erhalten, wenn man sie nur lassen würde. Aber man diffamiert sie, hetzt über sie und will sie reglementieren. Sie werden als Gefahr betrachtet. Was für ein Unsinn. Natürliche Selektion, Populationsdynamik, das ständige Pendeln im Gleichgewicht zw Beute und Beutegreifer, das Auf und Ab deren Bestände. Das ist allgemeine s Schulwissen, oder war es? Oder vergisst bzw verdrängt und ignoriert man dies als Jäger und Politiker ( gilt auch für Journalisten). Der Mensch befeuert mit seinem sturen Festhalten an hohen Jagdstrecken ein permanent hohes Aufkommen an Nachwuchs. Ignoriert die natürlichen Gesetze der Natur. Weil es für ihn Konkurrenten sind, und Neid bestärkt Wut und Hass und macht blind. Das ist keine Hege und schon gar kein Naturschutz, den Jagdverbände sich so gern auf die Fahne schreiben. Der Filz aus Jagdlobbyisten, aber auch aus Forst- und Landwirtschaft mit der Politik treibt dieses Spiel voran. Kleine NGOs müssen um Termine bitten um eine Petition überreichen zu können, ob Kreistag oder bei der EU. Aber die eben genannten Lobbyisten, zum Großteil selbst Parlamentarier sind täglich unter sich. So bleiben Natur- Arten- Tierschutz draußen wie auch die Wissenschaft. Große NGOs , du hast sie genannt, dealen mit und die Medien ohnehin, auch sie verkommen immer mehr zu Lobbyisten, Auflagen und Klicks sind wichtiger als Recherche, und man vergisst auch schon mal gern überhaupt über etwas zu berichten. Auffallend dass Berichte über Klimagipfel und erst recht über Biodiversitätsgipfel, Meeresschutzkonferenzen oder die Entscheidung der Berner Konvention zum Wolf fast untergehen, aber von.der Leyens Feldzug und EU Entscheidung zum Wolf da etwas ausführlicher und natürlich auch einseitiger daherkommen. Und ich fürchte das wird eher schlimmer. Wie da 30% der Weltmeere und Erdteile unter Schutz gestellt werden sollen lt Montrealabkommen ist mir schleierhaft. Und es wird auch nicht beim Wolf bleiben, die Liste der Unerwünschten wird fast täglich länger. Deine Idee eines übergeordneten Gremiums, eine Art Biodiversitätsschutzgremiums, ein Wächter, der die Wissenschaft stärkt ist berechtigt. Die Macht der Lobbyisten aus Jagd und Landwirtschaft muss herabgesetzt werden. Dringend. Danke für Deinen vorzüglichen Beitrag…..bereits mehrfach geteilt

  3. Peter Gäbelein

    Hallo Guido,
    ein fast schon teuflisch passender Beitrag zu dem Instgram Link des SWR, den ich dir heute – ohne zuvor diesen Beitrag gelesen zu haben – zusandte. Du sprichst mir und sicher allen Naturfreunden aus der Seele!
    Viele Grüße Peter

  4. Sauber und chronologisch auf den Punkt gebracht. Man bedenke, dass die Jagdlobby ihre vermeintlich „wertvolle Naturschutzarbeit“ bis in die Schulklassen unserer Kinder trägt, um dort für potentielle, zukünftige Neumitglieder den „Einstieg“ zu erleichtern und ach so „wertvolle“ Verbandsarbeit zu betreiben. Oder in Gemeinden zum gemeinsamen Würstchengrill-Informationstag für Familien aufrufen um die von Dir vortrefflich beschriebene Absurdität der Rehkitzrettung als Dienst für die Natur zu bezeichnen. Tatsächlich bringt natürlich ein vom Mähdrescher gehäckseltes Kitz weniger Ertrag als ein späterer Rehbraten und schon gar nicht den Nervenkitzel der dann beim weidgerechten (?) Erlegen ausgeht. Aber wer fragt da schon tiefer nach, wenn er den ausgestopften Feldhasen oder Fuchs übers Fell streicheln kann. „Wie süüüüüß“. Genauso, wie es die Jäger mit ihren eigenen Kindern machen – sie an das Blutgeschäft gewöhnen, abstumpfen und in die Fußstapfen des Vaters treten lassen.

    Erst kürzlich im Urlaub bin ich mit einem sonst durchaus netten und geschätzten Menschen ins Streiten gekommen, weil er als Nabu-Mitglied , dem üblichen, seichten Vortrag der Jäger über deren Unverzichtbarkeit die „Stange hielt“ (weil auch dort wieder ein Jäger Vorstand ist) und vor meinen Argumenten „geflohen“ ist. Ja es tut weh, wenn man merkt, dass nicht jeder für absurde Argumente und Bauernfängerei zu haben ist. Auch eine gewisse Partei in Deutschland hat es ja schon fast geschafft, mit abstrusen Propagandaphantasien, einen Keil in die Gesellschaft bis hinein in die Familien zu treiben.

  5. Matthias Schichta

    „Die Abrechnung mit der Hobbyjagd“, das wäre der passende Titel für deinen tollen Beitrag, der einen umfassenden Einblick in die Entwicklung der Jagd gibt. Die Frage die sich mir immer wieder stellt ist: „Wo wären wir heute ohne die Hobbyjagd bzw. ohne diesen massiven Eingriff in die Natur“? Du hast bereits erwähnt – wir hätten eine einigermaßen intakte Natur, gesunde Wildbestände und eine deutlich höhere Akzeptanz gegenüber Raubtieren/Beutegreifern wie dem Wolf, dem Luchs und auch Fuchs, Marder & Co. würden nicht überall als Problem angesehen. Was einst der Nahrungs- und Materialbeschaffung diente, später als Notwendigkeit im Sinne des Naturschutzes deklariert wurde ist mittlerweile zu einem ernst zu nehmenden Wirtschaftszweig gewachsen, welcher jährlich wachsende Begeisterung findet. Laut einer DJV-Umfrage werden pro Jahr ca. 2,7 Milliarden Euro in die Jagd investiert . Allein der DJV generiert jährlich über 4,2 Millionen Euro aus Mitgliedbeiträgen wovon wiederum 1,28 Millionen Euro ins Personal und 870.000€ in Presse- und Öffentlichkeitsarbeit fließen (Stand: Ende 2023) .

    Wir alle kennen die schrecklichen Videos der „Jagdbrüder“, welche grinsend auf einem Hochsitz stehen und sich darüber freuen, dass sie innerhalb weniger Sekunden drei Wildschweine in Serie abgeknallt haben. Voller Stolz werden die Taten auch noch per Video festgehalten, in sozialen Medien geteilt und tausendfach geliked. Das sind auch dieselben Personen, die Jagdreisen in Nachbarländer organisieren um dort Rothirsche, Wölfe und Co. abzuschießen. Wenn das unter dem Banner „Naturschutz“ verbucht wird läuft hier einiges schief und da muss man auch mal nachfragen wo die Distanzierung der „sauberen“ Jäger ist. Solche Personen schaden dem eh schon angekratztem Image der Jägerschaft massiv. Ob Jagd sein muss und wenn dann in welchem Umfang darüber lässt sich diskutieren, aber was hier mittlerweile im Verborgenen passiert ist weit entfernt von „Hege & Pflege“ und dem damit verbunden und immer vorgespielten Naturschutz. Auch dort wäre es wünschenswert, wenn sich der anständige Teil davon deutlich distanziert. Das findet in den Reihen der Naturfotografen auch, wenn sich Fotografen fernab jeder Ethik in der Natur bewegen nur um das „beste“ Foto zu schießen. Dafür wurde von einst sogar der #keinfotoumjedenpreis ins Leben gerufen.

    „Jagd ist Naturschutz, Jagd ist auch Artenschutz“ – das wird mancherorts von einigen Jägern vielleicht auch so praktiziert, aber es gibt auch das komplette Gegenteil davon. Eine fragwürdige Bejagung von Füchsen, die Jaghundeausbildung am lebenden Tier, die unendlichen Qualen und Ängste bei Treib- bzw. Drückjagden, das Anfüttern von Wildtieren im großen Stil, die Baujagd, die illegale Jagd auf streng geschützte Tiere, uvm…. auch das gehört zur heutigen modernen Jagd. Was in Deutschland fehlt ist ein Institut, welches die Jägerschaft kontrolliert und ggf. bei Vergehen auch stark sanktioniert. Es kann nicht sein, das sich in manchen Regionen über geltendes Gesetz gestellt wird, das Verfahren im Zuge illegaler Bejagungen nicht ausreichend verfolgt werden und das Waldbesucher mittlerweile bedroht, verfolgt und körperlich Angegangen werden.

  6. Danke, lieber Guido für diesen absolut treffenden Text, in dem du nicht nur Klartext redest, sondern wieder einmal tolle Recherchearbeit geleistet hast. Und nicht nur dass! Du schaffst es wieder einmal, trotz der Emotionalität des Themas, sachlich und wissenschaftlich aufzuklären, obwohl der aufmerksame Leser auch die leisen Zwischentöne wahrnimmt. Ein Lese – und Hörgenuss, der fällig war!
    Es ist erschreckend, dass trotz all dieser Erkenntnisse die Jagd nach wie vor eine so starke Lobby bildet, die nicht nur massiv prinzipiell Unbeteiligte mit ihren alternativen Fakten bezüglich des angeblichen Natur- und Artenschutzes manipuliert, sondern auch Vereine, Behörden und Politik unterwandert. Wie kann es sein, dass eine Minderheit derartig den Lauf der Dinge bestimmt…
    Dabei handelt es sich um ein zweifelhaftes Freizeitvergnügen, welches wahrscheinlich zwingend in gutes Licht gerückt wird – wer gibt schon gerne zu, drücken wir es höflich aus, dass Sie/er etwas seltsame Neigungen hat. Dabei spielt die von dir genannte Machtdemonstration eine nicht unerhebliche Rolle. Nicht nur, dass die Herrschaften gern so tun, als gehöre ihnen der Wald, sondern sie treten als Gruppe oft hochgradig aggressiv auf, wie wir ja zu Beginn des Jahres in Hannover erleben durften.
    Dass selbst wissenschaftlich belegte Zusammenhänge als Argumente negiert werden, macht es immer schwieriger in Gesprächen sachlich zu bleiben, vor allem dann, wenn die Jagd in einem Atemzug mit Begriffen wie Nachhaltigkeit und Ethik genannt wird. Was bitte ist nachhaltig an einer immer höheren Wilddichte und was ethisch an einem Bundesjagdgesetz, dass in fast allen Punkten dem Tierschutzgesetz widerspricht, und das „schöne, freie Leben“ der Wildtiere gehört seit der Anwendung neuester Technik auch nur noch ins Reich der Märchen. Hinzu kommen die „neuen Jägerinnen“. Für mich ein ganz eigenes Kapitel, denn wie kann ich als Frau und potentielle Mutter ohne Probleme Tierkinder grausam töten…
    Ich hoffe inständig auf einen stetig stärker werdenden Gegenwind, stetiges Einwirken auf Politik und Gesellschaft durch wissenschaftliche Aufklärung und Druck aus der Bevölkerung, damit die (Hobby)Jagd in der heutigen Form eine grundlegende Änderung erfährt. Dazu, lieber Guido, trägst du einen großen Teil bei. Tausend Dank dafür und mach bitte weiter so!

    1. Bin voll im Einklang mit diesem Beitrag …DANKE dafür !
      Anmerken möchte ich ,dass der Forst zum Teil NOCH SCHLIMMER agiert , als die Hobbyjäger !
      Stichwort : „Wald vor Wild “ …wo nur ein totes Reh ein gutes Reh ist , „weil damit ja der Wald wieder wachsen kann“ !
      auch macht der Forst auf verpachteten Flächen den Hobbyjägern Druck …da werden Verbissgutachten erstellt (egal ,WER/WAS da verbissen hat…) , sog.Weisergatter gebaut ,um zu beweisen ,dass der Verbiss ZU HOCH ist …ergo MEHR geschossen werden müsse …!
      Jungbestandspflege …in der Brutzeit verboten , nennt man einfach dann Schlagpflege (nach Hiebsmaßnahmen) …und schon geht es DOCH …egal ,ob gerade DORT , in den alten Baumgipfeln am Boden, sehr häufig Nester brütender Vögel zu finden sind !
      Sind doch nur „Allerweltsvögel“ heisst es dann …!

  7. Dieser Beitrag ist ein Genuss, wenn auch gewissermaßen schwere Kost für Menschen, denen Naturschutz tatsächlich am Herzen liegt.
    Wertvoll insbesondere deswegen, weil es hilft Zusammenhänge und das Konstrukt zu verstehen, auf dessen Basis immer mehr Wildtiere erschossen werden. Koste es, was es wolle.

    Es ist ein Graus, wenn man gerade Beutegreifern jedes Existenzrecht entzieht. Ob Fuchs, Luchs oder Wolf, kommen sie ihrer Aufgabe, der Selektion nach, sind sie Konkurrent, dann gehören sie ins Jagdrecht aufgenommen.
    Dabei könnte man doch von ihnen profitieren, sie als Helfer wertschätzen, die für einen gesunden Wildbestand sorgen.
    Das wäre eine völlig natürliche Art der Hege und Pflege.
    Der „Problem“-Wolf reicht schon längst nicht mehr aus. Auch das „Problem“-Reh ist nicht genug, geschweige denn vom „Problem“-Biber.
    Man muss sich mal vorstellen, was nicht alles zum „Problem“ gemacht wird…All das, damit die Waffen nicht schweigen müssen?!
    Neuerdings gibt’s „Problem“-gänse, die nun stark „gemanagt“ werden müssen. Wie will man das eigentlich der breiten Masse noch glaubhaft machen?
    An genau diesem Punkt kommen Freund und Helfer der Medienwelt ins Spiel. Hier wird schon längst nicht mehr recherchiert, oft genügt ein Anruf und der Artikel ist so gut wie gedruckt.
    Und wie wichtig die mediale Berichterstattung ist, macht das aktuelle Beispiel der Beitragserhöhung für Mitglieder der Landesjägerschaft Niedersachsen klar. Unter der Führung von Helmut Dammann-Tamke hebt man die Beitragssätze unter anderem dafür an, um Geld in eine Kommunikationsagentur zu investieren. Proteste gibt’s im Gegensatz zu Veränderungen beim Tierschutz nicht…Zur Imagepolitur wird scheinbar gern tiefer in die Tasche gegriffen.

    Die Art und Weise der Land(aus)nutzung, die Jagd, der Umgang mit der Natur muss sich einfach ändern. Es geht nicht immer nur höher, schneller, weiter, mehr und „fortschrittlicher“.
    In der Natur überlebt der, der es versteht sich am besten anzupassen. Wenn wir als Menschen anderer Meinung sind, ja sogar der Meinung sind, dieses Gesetz aushebeln zu können, werden die Rückschläge härter, wird das Leben teurer, wird die Welt für uns lebensfeindlich.
    Danke für deinen fantastischen Beitrag, mein Freund🙏🏼🤝🏻

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